Bewerbungstipps für die Tonne

Für mein Kwerkarriere-Seminar an der Universität Mannheim sichtete ich – seit längerem mal wieder – aktuelle Bewerbungsliteratur. Was haben die Kollegen so entwickelt in den letzten Jahren? Ich war entsetzt!

Wer sich nach Bewerbungsbüchern umsieht, findet vor allem zwei “Bewerbungsbuch-Fabriken”: Hesse / Schrader und Püttjer / Schnierda. Jährlich erscheint von diesen Labeln ein Dutzend neuer Bücher. Diese Marktbeherrschung scheint der Qualität abträglich zu sein.

Heute will ich nur auf ein Phänomen eingehen: Die sogenannte “dritte Seite”. Hesse / Schrader erfanden diese zusätzliche Bewerbungsseite als Innovation vor gut zwanzig Jahren (bzw. importierten sie damals aus den USA). Die Idee: Auf einer zusätzlichen Seite wird eine neugierig machende Überschrift platziert (z.B. “Was Sie noch über mich wissen sollten”). Dann folgt ein Fließtext über persönliche Besonderheiten, Arbeitsstil etc.

Anfangs erfolgreich erhielt dieser Kniff einen kräftigen Dämpfer als er zunehmend bekannt wurde. Immer mehr Bewerber schusterten klischeebeladene Texte zusammen – bzw. schrieben sie gleich aus der Ratgeber-Literatur ab. Eine Publikation, in der 50 Personalentscheider gefragt wurden, brachte es ans Licht: Die Entscheider lehnten die dritte Seite einhellig ab! Ungefragt ergänzten einige, dass sie eine Leistungsbillanz ganz nützlich finden. Aber was sie definitiv nicht sehen wollten: Einen Fließtext a la Hesse / Schrader.

Püttjer / Schnierda – die ihre Ratgeberfabrik ein paar Jahre später als Hesse / Schrader eröffneten – zogen in jedem ihrer Bände über die dritte Seite der Konkurrenz her.

Die Reaktion: Das Autorenlabel Hesse / Schrader reduzierte die Empfehlung auf Einzelfälle. “Okay, sie sind kuriert”, dachte ich damals. Sie haben verstanden, dass Personalentscheider, die täglich Bewerbungen lesen müssen, es leid sind. Sie wollen keine inhaltlich nichtssagenden, mehr oder weniger abgeschriebenen zusätzlichen Seiten!

Doch was muss ich in einem der aktuellsten Ratgeber aus dem Hause Hesse / Schrader lesen? Die Rückkehr ihrer unsäglichen Empfehlung! Sogar mit stolzgeschwellter Brust: “Übrigens, wir empfehlen die dritte Seite schon seit x Jahren”. Dazu noch zusätzliche Deckblätter, Inhaltsverzeichnisse und und und. Und das in einer Zeit, die immer weniger Platz für gründliche Lektüre bietet! Arme Personaler!

Einen neueren Fan der dritten Seite gibt es auch. Der Journalist und Karriereberater Martin Wehrle empfiehlt sie. Er berichtet, er habe mit seinen Klienten erfolgreich dritte Seiten erarbeitet. Das verwundert aber nicht: Klar, wenn ein wortgewandter Profi für viel Geld in die Tasten haut, wird das Ergebnis vorteilhaft sein. Daraus allerdings eine allgemeine Empfehlung für die dritte Seite zu machen, ist verkehrt! Eine Selbstbeschreibung im Fließtext, ohne in Klischees zu sprechen, ist für Laien – wenn nicht für jeden – fast unmöglich.

Greifen Sie deshalb höchstens in begründeten Ausnahmefällen zu diesem Mittel. Ansonsten wählen Sie das “Bewerberprofil”. Dieses darf so überschrieben sein (“Bewerberprofil”) und bietet konkrete Fakten in Stichworten. Verschonen Sie die armen Personaler von abgeschriebenen Fließtexten! Und machen Sie in der gesparten Zeit etwas Nettes!

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