Sowohl-als-auch-Lösungen: dieses Werkzeug hilft Ihnen immer weiter

Nutzen Sie die Unterscheidung zwischen Entweder-oder- und Sowohl-als-auch-Lösungen? Nein? Das sollten Sie tun! Denn dies ist so relevant, wie das Leben selbst. Ein Multifunktionswerkzeug, das vielfältige Lösungen für die unteschiedlichsten Problemstellungen ermöglicht.

Fragen an den Karriereberater

In der Karriereberatung suchen mich meine Kundinnen und Kunden in der Regel mit Entweder-oder-Fragen auf. Meistens gelangen wir zu Sowohl-als-auch-Lösungen.

„Soll ich den alten Job optimieren oder einen neuen suchen?“ fragen sie beispielsweise, wenn wir an der Orientierung für die nächsten Berufsjahre arbeiten. Nun, es wäre wohl am besten, zwei interessante Optionen zu haben: den guten, aktuellen Job und eine feine Alternative!

Oder, bei der Vorbereitung auf ein Job-Interview, quält sie die richtige Antwort auf die erwartbare Frage: „Wieso wollen Sie vom alten Arbeitgeber weg? Gefällt Ihnen Ihr Job nicht mehr?“ Dies suggeriert ein Entweder-oder-Problem. Dabei kann einem der aktuelle Job gefallen und man will sich trotzdem verändern! Sie müssen hier weder über den letzten Arbeitgeber herziehen noch schlecht über Ihre aktuelle Aufgabe reden, um zu überzeugen.

Alltag im Unternehmen sind oft Diskussionen nach dem Entweder-oder-Muster. Diskutiert wird beispielsweise: sollten wir neue Geschäftsfelder erschließen oder die bisherigen Produkte optimieren? Oder vielleicht den Vertrieb ausbauen? Nach wenigen Redebeiträgen bildet sich gewöhnlich eine Front. Die einen streiten für die eine, die anderen für die gegenteilige Lösung.

Dabei wird am ehesten alles weiterhelfen. Erst, wenn sich die Beteiligten dies klarmachen, wird es produktiv. Denn dann kann die Diskussion dazu übergehen, den besten Modus zu finden und verschiedene Wege zu kombinieren.

Kategorien sind nötig – aber mehr oder weniger tauglich

Die Tatsache, dass wir immer wieder an Entweder-oder-Hindernissen scheitern, hat einen tieferen Grund. Er findet sich darin, wie unser Gehirn grundsätzlich funktioniert und wie wir uns selbst und die Welt darin abbilden.

Tatsachen sind nur elektrische Impulse. Für sich genommen sind sie komplett sinnlos. Unser Gehirn erreichen in jeder Sekunde zigtausende Impulse. Ein vollkommenes Chaos, mit dem wir nichts anfangen können. Daher beginnen wir schon als Fötus, Muster in dem Wirrwarr zu suchen. So verleihen wir uns Selbst und der Welt nach und nach einen Sinn.

Im Ergebnis strukturiert sich unser Gehirn. Wir bilden Raster und Kategorien, mit denen wir weitere Eindrücke verarbeiten. Damit gewinnen wir die Fähigkeit, schnell und zielgerichtet zu handeln. Der Preis dafür ist, dass wir uns gleichzeitig Filter zulegen: haben wir einmal unser Deutungsgerüst erstellt, nehmen wir Tatsachen, die dort schlecht hineinpassen, nicht mehr ohne weiteres wahr. Bei einem Kollegen, den wir nicht mögen, fallen uns vor allem negative Eigenschaften auf. Oder privat: bei der Partnersuche geraten wir immer wieder an die gleichen Typen.

Sollten wir – meist schmerzlich und unangenehm – darauf gestoßen werden, dass hier etwas ungünstig läuft und wir nicht nur die tolle Figur bemerken oder den ungeliebten Kollegen sehen sollten, haben wir ein Problem im Kopf. Eine Herausforderung! Gelingt es uns, die versteckte Seite hinter dem anziehenden Äußeren zu entdecken oder die ungewohnt nette Geste des uns unangenehmen Kollegen oder der Kollegin zu bemerken? Meistens nicht. Denn einfacher und leichter ist es, die Dinge einfach umzudeuten und passend zu machen.

85 Prozent tappen in die Entweder-oder-Falle

Wenn es so einfach ist, mit dem Sowohl-als-auch-Schlüssel besser durchs Leben zu kommen: woher kommt es dann, dass wir uns immer wieder ins Entweder-oder verrennen?

Die empirische Forschung zur Ich-Entwicklung belegt, dass unglaubliche 85 Prozent der Menschen sich selbst und die Welt in Entweder-oder-Schemata abbilden! Dieser Befund gilt wohlgemerkt unabhängig von Intelligenz oder Bildung! Auf die Diskussion beim Meeting bezogen: theoretisch mag allen Anwesenden klar sein, dass Sowohl-als-auch-Lösungen grundsätzlich besser sind. Aber was hilft das, wenn in den Köpfen der meisten Anwesenden nur Entweder-oder-Muster zur Verfügung stehen? So kommt es automatisch zum Disput.

Betrachten wir nun die 15 Prozent der Menschen, bei denen das anders ist. Sie können spontan auf Sowohl-als-auch-Kategorien zugreifen. Dies markiert eine harte Grenze in der Persönlichkeitsentwicklung! Die Psychologie spricht vom Übergang von konventionellen zu postkonventionellen Stufen.

Haben diese 15 Prozent es „geschafft“? Leider nein. Denn trotz der harten Grenze zwischen dem konventionellen und postkonventionellen Bereich lauern immer wieder Entweder-oder-Fallen auf uns. Anders gesagt: das Sowohl-als-auch-Land ist unendlich groß. Dort gibt es immer wieder Neues zu entdecken. Das mag ernüchternd klingen. Es bedeutet aber auch: wenn Sie Ihr Problem nicht nur schnell wegschaffen wollen, sondern auch dahinter schauen, optimieren Sie Ihre Muster. Sie arbeiten an einem Multifunktionswerkzeug und fügen ein neues Tool dazu, das Sie auch in anderen Situationen nutzbringend einsetzen können. Noch konkreter: ersetzen Sie “aber” durch “gleichzeitig” oder “wobei”. Stellen Sie mehrere Perspektiven nebeneinander, statt eine zu favorisieren und die anderen auszuschließen. Indem Sie die Muster Ihres Sprachgebrauchs brechen verändern Sie mit der Zeit Ihr Denken.

Die Realität als Modell für unsere Muster

Persönlichkeitsentwicklung funktioniert weltweit und in unterschiedlichsten Kulturen auf die gleiche Weise. Der Grund dafür ist faszinierenderweise derselbe, der uns schon vom unselbständigen, hilflosen Baby zum (mehr oder weniger) kompetent handelnden Erwachsenen gemacht hat. Es ist unsere Auseinandersetzung mit der Realität selbst. Es ist der Wunsch, sich auf “all das” einen Reim zu machen.

Wer sich der Realität genügend offen, mutig und selbstkritisch stellt, entwickelt sich weiter. Die anderen bleiben stehen. Sie lernen fortwährend dazu – Sprachen, Techniken, Allgemeinwissen. Sie besuchen andere Länder und treffen neue Menschen. Aber das alles muss nicht heißen, dass sie auch ihr Innenleben erkunden und ihre Muster anpassen. Viele geben sich damit zufrieden, was sie bisher über sich wissen und ihre Muster zu gebrauchen. So versäumen sie es, ihr Potenzial auszuschöpfen.

Die eigenen, vielfach bewährten Raster kritisch zu betrachten, kostet Kraft. Man ist aufs Innigste mit ihnen vertraut und verwachsen. Sie zu verändern, ist häufig schmerzhaft und es verbraucht Zeit und Energie. Aber es lohnt sich.

Die Sowohl-als-auch-Realität

Bei genauerem Hinsehen finden wir eine Sowohl-als-auch-Welt vor. Von den kleinen Fragen des Lebens über die größeren, von der beruflichen Entwicklung bis hin zu den existentiellen Krisen der Menschheit. Sollten wir in der Klimakrise am Individuum oder an der Politik ansetzen? Beides! Welche der vielen möglichen politischen Maßnahmen sind wichtig? Alle! Sollten wir die Klimakrise oder die Biodiversitätskrise zuerst angehen? Beide, jetzt! Darauf aufbauend können wir zu Lösungen kommen.

Bleibt noch die Frage: lässt sich wirklich alles im Sowohl-als-auch auflösen? Nein, leider nicht! Sie können zum Beispiel physisch nicht an zwei Orten zugleich sein. Da müssen Sie sich schon entscheiden. Wie in diesen Fällen zu verfahren ist, können Sie demnächst auf diesem Blog lesen. Seien Sie jedoch versichert: Das meiste werden Sie im Sowohl-als-auch-Modus effektiv lösen können. Vor welchen Herausforderungen Sie aktuell auch immer stehen: dieses Werkzeug sollten Sie definitiv an Bord haben.

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