“Hilfe, ich kann mich nicht verkaufen!” – wie die Bewerbung dennoch gelingt

“Ich kann mich nicht verkaufen!” sagt mir ein Kunde betrübt und meint, das sei ein Nachteil beim Bewerben. Weit gefehlt: Um sich erfolgreich zu bewerben, muss man sich nicht verkaufen können! Eher im Gegenteil.

“Sich verkaufen” im Anschreiben

Mit welchen Formulierungen gerät man ins Verkäuferische? Welche Behauptungen über sich selbst sind Ihnen unangenehm? Viele haben Probleme mit Sätzen wie diesen: “Ich bin flexibel und durchsetzungsstark, kann im Team, wie auch selbständig sehr gut arbeiten und gehe meine Aufgaben hoch motiviert an.” Zugegeben: Typisches Bewerber-Deutsch. Außerdem sei eingeräumt, dass der Schreiber solcher Sätze sich “gut verkaufen” kann. Nur: Hilft dergleichen weiter?

Klopfen wir den Satz auf seinen Inhalt ab. Im ersten Teil weist er eine typische Aufzählung auf: “Ich bin flexibel und durchsetzungsstark”. Es könnte auch heißen “flexibel, motiviert und belastbar.” Es spielt letztlich keine Rolle, was behauptet wird. Denn in aller Regel wirken solche Selbstbeschreibungen wie bunte Seifenblasen. Sieht gut aus, aber hält einer Prüfung nicht stand. Ohne Beleg sind solche Aussagen wertlos. Sie können stimmen oder auch nicht. Häufig sind sie mehr oder weniger aus der Stellenausschreibung abgeschrieben. Oder es sind bloße Floskeln: Bewerberprosa. Sie dürfen vollkommen beruhigt sein, wenn Ihnen solche Lobhudeleien schwer fallen. Sie bringen Ihnen keine Pluspunkte bei professionellen Bewerbungslesern. Sie können darauf verzichten.

Typische Bewerberprosa

Weiter heißt es: “Ich kann im Team, wie auch selbständig sehr gut arbeiten”. Auch das ist ein Halbsatz, den ich meinen Kunden üblicherweise aus ihren Anschreiben heraus streiche. Da will einer allzu offensichtlich allen Herren dienen und es jedem Recht machen und keine Fehler begehen und perfekt erscheinen und … – Sie merken, das geht nicht. Auch hier werden professionelle Bewerbungsleser nichts anderes denken, als ich: Da will einer um jeden Preis gefallen. Letztlich mit inhaltsleeren Aussagen.

Dann: “Ich gehe meine Aufgaben hoch motiviert an.” Einerseits: Hoffentlich! Andererseits eine Selbstverständlichkeit. Wieso sollte man sie betonen? Und wo wir gerade dabei sind. Manche meinen, es wäre lässig und zulässig, folgende Bemerkung im Anschreiben fallen zu lassen: “Zuverlässigkeit und Verantwortungsbereitschaft sind für mich selbstverständlich.” Ja, um Himmels Willen! Wenn etwas selbstverständlich ist, dann braucht man es doch nicht sagen, oder? Und wenn es nicht selbstverständlich ist, dann benutzt man den Begriff “selbstverständlich” in diesem Zusammenhang auch nicht.

Argumente statt Behauptungen

Wie machen Sie es also richtig, das Bewerbungsschreiben? Überlegen Sie, was tatsächlich für die Stelle passt. “Fakten, Fakten, Fakten und immer an den Leser denken.” ist hier ein guter Spruch. Schreiben Sie das auf, was Sie an handfesten Gründen anbieten können, Sie einzustellen. Zum Beispiel Ihre abgeschlossene Zusatzausbildung, Ihre Branchenerfahrung, Ihre Führungserfahrung. Ein guter Satz ist dann etwa “Meine IT-Ausbildung ergänzte ich 2012 um den Microsoft Certified Systems Engineer.” Ein aussagekräftiger Satz wäre “Ich verfüge über 15 Jahre Erfahrung im Groß- und Außenhandel von Lebensmitteln.” Und hilfreich ist auch folgende Feststellung: “Die gewünschte Führungserfahrung bringe ich mit, da ich in den letzten Jahren ein Entwicklungsteam mit drei direkt zugeordneten Ingenieuren leitete.” In keinem dieser Sätze ist ein Selbstlob eingebaut. Es sind einfach Feststellungen. Die Rückschlüsse überlassen Sie dann der Seite, die Personal sucht. Und Sie können absolut sicher sein, dass Ihre Leser Ihre Feststellungen zu deuten wissen.

Völlig tabu ist auch ein Verkäuferdeutsch folgender Machart: “Ich bin sicher, die Position erfolgreich ausfüllen zu können.” Bitte überlassen Sie solche Deutungen Ihren Lesern! Sie selbst kennen ohnehin weder die Firma noch die Stelle so gut, wie es nötig wäre, um die obige Aussage treffen zu können. Wer also im Vorhinein Behauptungen trifft, die hellseherischer Fähigkeiten bedürfen, stellt sich eher ins Abseits, als Punkte zu sammeln.

Selbstbewusstsein heißt, kurze klare Sätze bauen

Verstecken Sie Ihre Kompetenzen nicht in Denglisch und in verschachtelten Bandwurmsätzen oder in Nominalkonstruktionen. “Proaktives Handeln, die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und die Herausforderung zu suchen, zeichnen mich aus.” – Ein schlimmer Satz. Anders: “Wenn es ein Problem gibt, packe ich mit an.” – dies könnte ein gewerblicher Mitarbeiter stattdessen schreiben. “Ich bin ein Fan von Lösungen.” – könnte ein Verkäufer sagen. Und eine Führungskraft: “Als langjähriger Sicherheitsbeauftragter meines Unternehmens bin ich es gewohnt, Verantwortung zu übernehmen.”

Noch klarer beschreibt es folgender Fall. Ein Unternehmen sagt von sich, dass es für “Wachstum und Verantwortung” stehe. Sie stellen dies im Anschreiben fest und kommentieren das so: “Diese Werte teile ich.” Geht es kürzer, prägnanter und selbstbewusster? Und doch haben Sie sich nicht selbst gelobt, sondern lediglich eine prägnante Aussage getroffen. Allein mit diesem Stil zeigen Sie sich als selbstbewussten Kandidaten und zeigen Charakter.

Im nächsten Beitrag schreibe ich hier über das “Sich-verkaufen” im Vorstellungsgespräch.

8 Kommentare

  • Hallo Christoph,

    ich finde es immer wieder spannend, in den Bewerbungen die Aneinanderreihung von in der Stellenausschreibung geforderten Soft-skills auseinander zu pflücken und mit Fakten zu unterfüttern. Das ist ohne Frage sehr wichtig.

    Spannender finde ich jetzt die Sache mit dem “sich verkaufen”.
    Es ist leider so, dass der Begriff “Verkaufen” oft negativ belegt ist, erstrecht, wenn es darum geht sich selbst zu verkaufen. Es hört sich gleich so an, als ob “man seine Seele verkaufen” würde ;-). Und wenn der Betreffende es damit verbindet, dann ist es natürlich wichtig zu sagen: “Du musst Dich nicht verkaufen.”

    Andererseits geht es ja in der Bewerbung schon darum, dass man sich selbst und die eigene Leistung so schmackhaft darstellt, dass ein anderer bereit ist, Geld dafür zu bezahlen. Also, irgendwie hat es schon etwas von verkaufen.

    Ich selbst bevorzuge den Begriff Selbstmarketing. Was auch jeher den Kern trifft: eigene Persönlichkeit, Fachkenntnisse und Erfahrungen so darzustellen, dann man Interesse weckt und aus der Masse der Bewerber heraussticht. Und das erreicht man klarerweise nicht mit Standardformulierungen.

    Vielen Dank für diese Gedankenanregungen
    Herzliche Grüße
    Natalie

    Antworten
    • Liebe Natalie,

      danke für deinen Kommentar – immer schön, von dir zu hören!

      Im Begriff “sich verkaufen” steckt viel, das erlebe ich seit Jahren in Seminaren und Beratungsgesprächen. Viele Menschen reagieren spontan und heftig ablehnend. Ich finde diese Reaktion spannend und bearbeite sie gerne. “Was können wir von Verkäufern lernen?” ist dann eine Frage im Seminar.

      Auch unter Beratern ist der Satz “Das ist ein Verkäufer” relativ klar.

      Daneben gibt es natürlich ein breites Feld von Aktivitäten (wie diese hier), die letztlich verkaufen. Aber sehr (sehr) indirekt. Oder: Ärzte, die ihre Nicht-Kassen-Leistungen an die Patienten bringen: Im Endeffekt verkaufen sie auch, aber niemand empfindet das so …

      Schöne Grüße,

      Christoph

      Antworten
      • Hallo Christoph,

        ja, der Vorurteil über Verkäufer und Verkaufen hält sich hartnäckig. Dabei sind die wenigsten Verkäufer heute von der Sorte Aufschwatzer. Die wirklich erfolgreichen Verkäufer heute sind die, die am besten zuhören können und die größte Empathie für die Bedürfnisse des Kunden mitbringen. Daher kann man in der Tat in der Bewerbungsphase sehr viel davon lernen.

        Wir machen es weiter mit unserer unaufdringlichen Art des Verkaufens, in dem wir Menschen Informationen liefern und so uns und unsere Art zu Arbeiten sichtbar machen :-).

        Herzliche Grüße
        Natalie

        Antworten
  • Hal Natalie und Christoph,

    “sich selbst verkaufen” ist für viele Menschen das Schwierigste überhaupt. Erstens ist “verkaufen” schon negativ belegt und zweitens sich selbst anpreisen zu müssen, sich als “Ware” zu behandeln, alles ganz problematisch.

    Und trotzdem, es hilft nichts, es geht genau darum sich selbst für den anderen in ein optimales Licht zu rücken. Und nicht im Sinne von Marketing, also gegenüber einer anonymen Masse und abstrakt, nein ganz konkret gegenüber einem bestimmten Unternehmen . Und deshalb ist es “verkaufen” und nicht “Selbstmarketing”. Aber wenn es mit dem Begriff leichte fällt, dann nutzt den. Hauptsache ist, dass man sich bei einer Bewerbung an der konkreten Stelle / Stellenausschreibung / Firma / Ansprechpartner orientiert.

    Sich im Anschreiben und vor allem im Vorstellungsgespräch auf den anderen einzustellen ist die wichtigste Fähigkeit beim Verkaufen.

    Und Natalie, danke für die Feststellung, dass die meisten Verkäufer gar nicht dem negativen Image entsprechen – als Vertriebstrainer (www.alphaSales.de) kann ich das nur unterstreichen.

    Viel Erfolg und happy selling
    Manfred

    Antworten
    • @Manfred,

      nett, dich hier zu lesen. Du selbst bist, wie ich dich kenne, ein Verkäufer wie Natalie es bechreibt. Das ist es auch, was ich an dir so schätze.

      @Natalie:

      Dennoch gibt es bei einem Verkäufer einen Zug zum Abschluss, den ich z.B. nur sehr bedingt habe. Was ich mich aber bemühe, von den reinen Profi-Verkäufern zu lernen und gerne weitergebe: Viel tun, damit am Ende etwas heraus kommt. Das habe ich auch in “Karriere ohne Schleimspur” erläutert. Auch wer Absagen nie so gut verkraftet, wie Verkäufer: Mehr Eisen ins Feuer legen, das kann jeder.

      Schöne Grüße,

      Christoph

      Antworten
  • in der heutigen zeit ist das thema “selbstmarketing” extrem wichtig. mich erstaunt immer wieder, dass viele marketingexperten oder werbeagenturen zwar vorgeben andere perfekt vermarkten zu können, selbst aber versagen diesbez.!
    dabei wäre es doch ganz einfach: genau das gleiche was wir mit produktvermarktung machen also swot, usp, kaufargumente, zusatznutzen, leidensdruck, motive etc gilt auch für uns als einzelperson oder wie ich gerne sage “ich-konzern”.
    und es steht fest, dass die optik einer “bewerbung” (ich mag das wort nicht) natürlich heute ausschlaggebend ist. viele spannende online bewerbungsstrategien schlagen die alten gedruckten kollegen da um längen!

    Antworten
  • Selber zu schreiben oder zu sagen, was ich kann ist mir schon immer sehr schwer gefallen. Obwohl ich ein gesundes Selbstbewusstsein habe, spreche ich nicht gerne über Stärken.
    Somit kamen mir diese Tipps sehr gelegen! Wie man dennoch Eindruck mit kurzen Sätzen macht, die sofort wirken, hat mich beeindruckt. Auch, dass man nicht spekulieren soll, wie sicher man sich fühlt, beruhigte mich. Ich fühle mich ja erst sicher, wenn ich zum Gespräch eingeladen werde, und mir der Betrieb gefällt.
    Auch danke dafür, dass man sich in den Leser hineinversetzen sollte. Dies wird ja manchmal vergessen und gibt einen persönlichen Aspekt in die Bewerbung. Also jetzt schreibe ich meine Bewerbung noch einmal. Diesmal prägnanter, kürzer und weniger negativ auf mich selbst ausgerichtet. Mehr Fakten, weniger Standard! Vielen Dank

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    • Danke für Ihren Kommentar. Freut mich, dass dieser Blogpost geholfen hat.

      Ihnen – und allen anderen Lesern – viel Erfolg mit den gegebenen Tipps.

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