Falsches Lob für die FDP – Schonvermögen Pustekuchen

Monatelang habe ich die FDP dafür gelobt, dass sie das  Schonvermögen von Hartz-4-Beziehern erhöht hat. Was ich für eine soziale Tat hielt, zeigt sich in der Praxis als zynischer, parteipolitischer Werbegag.

Eine der ersten Maßnahmen der schwarz-gelben Regierung beseitigte (scheinbar) eine fundamentale Ungerechtigkeit, die beide Vorgänger-Regierungen hinterlassen hatten. Rot-Grün hatte unter Schröder die Arbeitslosenhilfe abgeschafft:  Jene, die 30 Jahre gearbeitet und daher ihre Märker in die öffentliche Kasse gezahlt haben, stehen seither genauso  schlecht da, wie Menschen, die seit ihrem Schulabschluss keinen Cent einbezahlt haben. Alle bekommen Hatz 4. Das hielt ich – und halte es – für unfassbar ungerecht.

Ein Teil dieser Ungerechtigkeit bildet sich im sogenannten Schonvermögen ab. Es regelt, wie viel private Altersvorsorge unangetastet bleiben muss. Ein wenig erstaunt aber sehr erfreut nahm ich zur Kenntnis, dass Schwarz-Gelb dieses Schonvermögen verdreifachte. Besonders die FDP hielt sich dies zu Gute. Statt 250 Euro pro Lebensjahr sind jetzt 750 Euro Angespartes sicher. Damit wird nicht die ganze Lebensleistung eines Menschen zerstört, der vielleicht viele Jahre privat Geld für die Altersvorsorge zurück gelegt hat – dachte ich.

Jetzt höre ich von folgendem Fall: Ein Kollege hat jahrelang in Anstellung gearbeitet. Obwohl kein Spitzenverdiener, hat er einen angemessenen Teil seines Geldes zurückgelegt. Nun haben ihn die Verhältnisse in die (Langzeit-) Arbeitslosigkeit gedrückt. Er hat wenig Vermögen; Hartz 4 bekommt er dennoch nicht. Auf dem Amt erklärte man ihm, dass seine Lebensversicherung ja theoretisch laut Vertragsbedingung vorzeitig abgerufen werden könnte. Das kann man zwar in der Regel problemlos umstellen. Aber, und jetzt kommt das wahrhaft zynische Moment: Er hätte diese Umstellung vor dem Antrag auf Hartz 4 vornehmen müssen! Jetzt noch umstellen und Hartz 4 beziehen, das gehe nicht!

Ich rieb mir verwundert die Augen. Habe ich damals nicht richtig aufgepasst, als es um das neue Gesetz ging? War nicht einfach von “Erhöhung des Schonvermögens” die Rede? Doch, ich habe es nochmal nachgelesen, genau davon war die Rede! In den Ankündigungen der Regierung sowieso. Aber auch die Presse berichtete in genau diesen Worten darüber. Nur im Gesetz steht es anders.  Wie üblich in der schwer verständlichen Sprache “juristisch”. Aber es steht da. So habe ich mich getäuscht und die FDP zu Unrecht gelobt.

Zum Schluss:

1.) Dies wird trotz dieses Beitrags kein Hartz-4-Blog, aber das musste jetzt raus.

2.) Jedem vom Abrutschen in den Harzt-4-Bezug Bedrohten ist dringend anzuraten, dass er rechtzeitig (vor Antragstellung!) eine Beratungsstelle aufsucht!

3.) Es ist schade, dass man Politikern offensichtlich derart wenig über den Weg trauen kann. Pauschalem Politiker-Bashing trete ich stets entgegen. Jedoch scheint dieser Fall dafür zu sprechen, dass man damit näher an der Wahrheit liegt, als mit dem Bemühen um differenzierte Information – so lange sie nicht 100 % wasserdicht und in der Praxis erprobt ist. Denn auf dem Amt, wo der Betroffene der Realität ins Gesicht schauen muss, heißt es offensichtlich in vielen Fällen: “Höheres Schonvermögen? Pustekuchen!”

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