Der menschengemachte Klimawandel – eine gigantische, erstaunliche Verschwörung? Wie konnte es dazu kommen? Mein Disput mit einem Klimawandel-Leugner.
Den Klimawandel gibt es nicht – oder er ist nicht menschengemacht?
Es gibt ja Leute, nach Einschätzung mancher eine zurückgehende Anzahl von Leuten, die entweder meinen, “den Klimawandel gibt es nicht”. Oder: “Es gibt ihn, aber er ist nicht menschengemacht”.
Wenn das stimmte, wären Begriffe wie “Klimahysterie” natürlich angebracht. Was für ein Wahnsinn – alle sind verrückt geworden. Alles soll umgebaut und vieles eingeschränkt werden, Gesetze beschlossen, Milliarden verausgabt werden, nur für etwas, das es gar nicht gibt?!
Mein Diskussionspartner, weder Klimaforscher, noch sonst auf eine Art professionell mit dem Thema befasst, kritisierte einen der rennomiertesten Klimaforscher mit dem Argument, dass dieser davon lebe. Mein Einwand: Dann dürfte man keinem Arzt vertrauen, weil er von Krankheiten lebe, keinem Meterologen, weil er von Wettervorhersagen lebe. Umgekehrt müsste jeder Nicht-Arzt mehr über Krankheiten sagen können, als die Ärzte. Jeder Fachfremde mehr über die Wettervorhersage. Er ging darauf nicht mehr ein. Er verwies auf den deutschen Kronzeugen, auf den hierzulande dann immer verwiesen wird. Sowie auf eine Mischung aus Lobbyorganisation und Pseudo-Forschungsinstitut, auf das dann auch immer Bezug genommen wird. Wie windig die Organisation ist, kann man schnell nachlesen. Er war sich auch nicht zu schade, trotz seines eigenen unprofessionellen Status, in die inhaltliche Diskussion einzusteigen, wie sich das mit dem Klimawandel nun verhält (u.a. mittels einer 20 Jahre alten Grafik).
Ich dagegen wollte weder in diese inhaltliche Diskussion hinein. Noch mochte ich eine Debatte um die Verunglimpfung von Menschen, die vor dem Klimawandel warnen. Noch hatte ich Lust, den von Klimaskeptikern immer zitierten Professor (wow), der sich im Ruhestand in das Klimathema einarbeitete (hä?) und hier immer (?) zitiert wird, zu diskutieren.
Was mich stattdessen interessierte: Wie soll es denn dazu kommen, dass wir von einem Zustand, in dem alle bestens verdienen am Verbrennen von fossilen Energieträgern, dahin gelangen, dass wir dieses einträgliche Modell aufgeben? Ich finde es gut, auf andere zuzugehen, indem ich probehalber annehme, dass sie recht haben. Also: Mal angenommen, es gibt keinen menschengemachten Klimawandel, wie kommt es dann dazu, dass so viele “klimahysterisch” werden?
Die einzige Antwort war, es seien interessierte Kreise, die milliardenschwere Interessen verfolgten, weil der Umbau der Wirtschaft in Richtung Klimaschutz einen wirtschaftlichen Zukunftsmarkt erzeuge. Genaueres war nicht zu erfahren. Nehmen wir also die Annahme probehalber ernst. Es gibt keinen menschengemachten Klimawandel.
Unstrittiger Ausgangspunkt
Wenn einer ständig ausweicht und die Provokation sucht, ist jede Diskussion schwierig. So oder so versuche ich, einen gemeinsamen Ausgangspunkt zu finden. Hier mein Angebot eines möglichst unstrittigen Sachstandes.
Das industrielle Zeitalter ist damit verbunden, Kohle zu verbrennen, um Energie zu gewinnen und Rohstoffe zu erzeugen. Eisenbahnen aus Stahl, mit Kohleverbrennung angetrieben. Kohleheizung, Kohleverbrennung zur Stromerzeugung. Erdöl als Energiequelle und als Ausgangsstoff für zahlreiche Werkstoffe. Ausgangsbasis für Treibstoffe, für Autos, Schiffe und Dieselloks. Unsere gesamte Wirtschaft ist von diesen Vorgängen geprägt. Energiegewinnung, chemische Industrie, Automobilindustrie und deren Zulieferer, Baustoffe, Kunststoffe, Mobilität per Bahn und Flugzeug, Produktion per Strom, der neben der Atomenergie über die meiste Zeit zu großen Teilen aus Kohlekraftwerken stammte.
Wo liegen die milliardenschweren Interessen in diesem “alten System”, das uns jahrzehntelang begleitete? Wer hat in diesem System das Geld und damit die Möglichkeit, die Dinge in seinem Sinne zu steuern?
Die Antwort liegt auf der Hand: Über viele Jahrzehnte hinweg konnten alle an Geld und Einfluss gewinnen, die Kohle und Öl gewannen, verarbeiteten und damit handelten. Diese Energieträger stehen außerdem unter dem Schutz fast der ganzen Industrie, deren Geschäft auf dieser Basis ruht: Energieverbraucher aller Sparten, die Autoindustrie und ihre Zulieferer, die Bauindustrie, Pharma- und chemische Industrie etc..
Wenn einer die Macht und das Geld hat, die Geschicke der Nationen zu bestimmen, dann die Stellvertreter dieser Unternehmen. Beziehungen und Netzwerke konnten sich über Jahrzehnte etablieren. Verbindungen in die Medien konnten gesponnen und im eigenen Sinne in die Wissenschaft investiert werden. Die dargestellte – ohnehin einleuchtende und auf trivialen Beobachtungen beruhende – Logik lässt sich praktisch in einer einzigen, fast unfassbaren Zahl ausdrücken: Der Weltwährungsfond hat errechnet, dass die Staaten weltweit jährlich 5,2 Billionen Dollar in direkte oder indirekte Förderung von fossilen Brennstoffen stecken. “85 Prozent der Staatshilfen gehen an die Industrien für Öl und Kohle. Würden diese Steuergelder nicht ausgegeben, um das Klima zu ruinieren, läge der globale CO2-Ausstoß um 28 Prozent niedriger” (!)
Die Annahme: Menschengemachten Klimawandel gibt es nicht
Wenn die Annahme stimmt, dass es menschengemachten Klimawandel nicht gibt, wie würde dann ein Wissenschaftler auf die Idee kommen können, ihn zu behaupten? Wie ein Politiker? Wie die Menschen?
Angenommen, den (menschengemachten) Klimawandel gibt es nicht. Aber ein Wissenschaftler würde die These unterbringen wollen, dass es ihn gibt. Wie könnte die etablierte Wissenschaft damit umgehen? Sie könnte sich ganz einfach auf die Wahrheit verlassen, die übliche Forschung dagegenhalten und den armen Irren widerlegen. Unser Minderheiten-Wissenschaftler könnte auch von einflussreichen Kreisen mundtot gemacht werden. Obwohl – das wäre ja völlig unnötig. Denn ganz offensichtlich vertritt er ein Hirngespinst. Mundtotmachen – überflüssig! Wissenschaft und Wahrheit genügten. Das wissenschaftliche System mit Peer-Reviews und verbreiteten und anerkannten Methoden könnte ihn lässig erledigen. Wenn er raffiniert wäre, würde es länger dauern, aber der Sieg von Wahrheit und Wissenschaft wäre gewiss. Es würde keine Karriere für den armen Irren winken – selbst wenn er Fake-Studien auf Geheiß noch zu findender Mächte betreiben würde. Das alte System, gestützt auf die Wahrheit, würde ihn mühelos klein kriegen.
Angenommen, den (menschengemachten) Klimawandel gibt es nicht: Ein Politiker, der ins Horn des Minderheiten-Wissenschaftlers stoßen würde, wie käme der in seiner Partei und bei den Wählern an? Äußerst schlecht. Denn er hätte nichts in der Hand, als eine Lüge. Er müsste sich gegen alle durchsetzen, die nicht nur die Wahrheit besitzen, sondern auch bestens darin leben. Unser Minderheiten-Politiker müsste Wähler überzeugen, die empört fragen würden: Was springt für uns dabei heraus, wenn es den menschengemachten Klimawandel gibt, wie du behauptest? Welcher Nutzen winkt uns? Aufs Auto verzichten und aufs Fahrrad umsteigen? Aber wir wollen nicht Fahrrad fahren!
Aber halt, es gibt ja auch Leute, die gerne Fahrrad fahren. Gut, die haben ihre Lobby, z.B. den ADFC. Eine ziemlich schwache Lobby, die leider Probleme hat, sich gegen den ADAC durchzusetzen. Hätten die Radfahrer nun den erfundenen menschengemachten Klimawandel auf ihrer Seite, sie hätten ein schwaches Argument mehr. Aber die Radler-Lobby und ihre Öko-Freunde sitzen am kürzeren Hebel. Selbst 26000 Arbeitsplätze in der Windkraft-Industrie zeigten sich jüngst als schwaches Argument.
Fazit: Mit einem erfundenen Klimawandel kann man kein herrschendes System, keine florierende Industrie und Gesellschaft umkrempeln. Kein Mensch und schon gar kein mächtiger Mensch hätte ein Interesse daran, die Dinge zu verändern. Bis auf die paar Fahrrad-Fahrer und Fußgänger – die meisten aber ja auch zugleich Autofahrer, Flugreisende, Mitarbeiter in den einschlägigen Industrien. Und wie wir alle auch bequeme Leute.
Und die Analysten, die einen Zukunftsmarkt sehen? Sie müssten ja wiederum Politiker und Unternehmen davon überzeugen, auf heutige satte Gewinne verzichten, um eine Lüge zu installieren, die ihnen in Zukunft Gewinne verspricht. Oder sie müssten eine gigantische Intrige spinnen – auch nicht einfach in einer Demokratie. So oder so wäre die Zumutung: Verbreite meine Lüge, verzichte auf Profite im Bereich fossiler Energie und du kannst in Zukunft Profite machen. Wer sollte denn da dabeisein wollen? Auf Profite im althergebrachten Bereich verzichten, um mittels einer Lüge, in einem anderen Bereich Profite zu machen? Ein völlig irrer Gedanke. Und obendrauf noch von Parteien vertreten, die gerne behaupten, den gesunden Menschenverstand zu bedienen.
Wenn es einen menschengemachten Klimawandel gäbe
Wenn es jedoch einen menschengemachten Klimawandel gäbe? Gut, dann wäre das die Wahrheit. Aber es wäre extrem schwer, sich gegen ein bequemes, bestens funktionierendes auf Kohle-Erdölverbrennung basierendes System durchzusetzen. Die Wahrheit stände gegen ein System, von dem praktisch alle profitieren.
Man sollte annehmen, dass ein Wissenschaftler, der den menschengemachten Klimawandel entdeckte, in diesem Kräfteraum mit viel Skepsis und Argwohn behandelt würde. Viele andere Wissenschaftler, würden lieber weiter die Drittmittel der Kohle-Industrie einsammeln, als auf den mit der neuen Idee zu hören.
Weil der Forscher die Wahrheit entdeckte, würde er nach und nach ein paar Kollegen und Kolleginnen dafür gewinnen können. Schließlich ist die Wahrheit ein besseres Argument als eine Lüge, zumal in der Wissenschaft. Sehr langsam würde es auch gelingen, einige politische Kräfte zu mobilisieren. Nach und nach würde eine Partei entstehen, die sich einige Prozente Wählerstimmen, vielleicht um die fünf Prozent, wenn sie noch ein paar Naturschutzthemen mit aufnähme, gewinnen könnte. Sie hätte es schwer, denn ihre Botschaft wäre eine Zumutung: Ein Horror-Szenario, das Verzicht bedeutet – wenig attraktiv.
Doch spätestens jetzt würden diejenigen aufgeschreckt, die in der “alten” Welt wirklich das Sagen haben. Energieerzeuger, die Erbauer von Autos und Straßen, ihre Zulieferer, die Chemieindustrie etc.. Alle würden ihre Felle wegschwimmen sehen. Sie könnten abwägen, zwischen Menschheitsproblem, Sorge um die zukünftigen Generationen – und ihrem heutigen Profit. Was könnten sie tun, falls sie sich für ihr eigenes Wohlsein entscheiden? Sie könnten Gegengutachten in Auftrag geben, um die wissenschaftlichen Befunde anzuzweifeln. Und sie würden Medienarbeit für ihre Interessen machen. Und Lobbyarbeit.
Auf einem System basierend, das ihnen Macht, Geld und Beziehungen brachte, würde ihnen das alles relativ leicht fallen. Mit welcher Botschaft gehen die Verteidiger des Status Quo am besten ins Rennen? Die Wahrheit schlichtweg anzuzweifeln, wäre weniger erfolgversprechend. Besser wäre die Botschaft: “Die Wissenschaft ist sich nicht einig. Es gibt noch Forschungsbedarf!” Diese Kampagne ließe sich bereits mit einigen wenigen Forschern starten, die sie für sich gewinnen können. Die Bevölkerung würde diese Botschaft gerne annehmen, denn das erlaubte ihr ein “weiter so”.
Und es gäbe bestimmt auch irgendwo eine Partei, die sich des Themas annähme. Einer verunsicherten Bevölkerung zu versichern, dass diesen ganzen Klimamist nur ein Drama-King von Wissenschaftler erfunden hat, und sich niemand Sorgen zu machen braucht oder umstellen muss, sollte vielen willkommen sein und dieser Partei einige Prozentpunkte bei den Wahlen bescheren. Ihre Basis wäre nicht die Wahrheit – dennoch können sie mit Wählerstimmen rechnen.
Die einfachste Annahme: Klimawissenschaftler machen ihren Job
Und, wie lief es? Verschwanden ein paar arme Irre schneller von der Bildfläche, als man “Höcke” sagen kann? Oder verschafften einige wenige Wissenschaftler und Öko-Lobbyisten dem Thema in langem, zähen Ringen Aufmerksamkeit? Offensichtlich trifft die zweite Variante zu. Wie lässt sich erklären, dass Wissenschaftler und Politiker massiven Gegenwind und persönliche Anfeindungen in Kauf nahmen? Für eine Lüge? Für die Interessen eines mächtigen Unbekannten? Profitorientierte Analysten? In wessen Auftrag? Wie wurde das wohl organisiert?
Unter der Annahme, dass es den menschengemachten Klimawandel gibt, braucht man sich allerdings nicht zu wundern. Man braucht nicht zu forschen, wie 99,94 Prozent der Klimaforscher (Antwort des Bundesumweltministeriums an die AfD, August 2019) entweder irre wurden, gekauft oder manipuliert werden konnten. Man könnte schlicht annehmen, dass sie einfach ihren Job gemacht haben. Man könnte annehmen, dass sie menschlich fühlen und besorgt sind. Dass sie Schlimmes erwarten und davor warnen wollen. Eine einfache Erklärung. Eine naheliegende Erklärung. Normales Vertrauen in andere Menschen, die ihren Job machen. Eine Weltsicht, die ohne geheime Verschwörung auskommt.
Unter der Annahme, dass der menschengemachte Klimawandel Fakt ist, könnte man ganz leicht die zunehmende Anzahl von Politikern, Wählern und Unternehmen verstehen, die sich von der Wissenschaft, den einschlägigen Fachleuten, die über Jahrzehnte zu den Themen arbeiten, beraten lassen. Man könnte einfach einordnen, wieso sich viele dem Thema nur widerwillig stellen. Aber dann doch eine Umstrukturierung der Wirtschaft und Gesellschaft ins Auge fassen. Man müsste auch nicht kompliziert erklären, warum der weltweit lauteste Klimawandelleugner, Donald Trump, zwar ständig der Lüge überführt wird, aber bezüglich des Klimawandels die Wahrheit spricht. Man könnte einfach annehmen, dass er erneut lügt und seinen eigenen Interessen folgt, wie er es eben immer macht.
Wenn es den menschengemachten Klimawandel gibt, dann kann man ihn äußerst treffend als “unbequeme Wahrheit” bezeichnet werden. Genau so heißt der berühmte, preisgekrönte Film von Al Gore, einem derjenigen Politiker, die seit Jahrzehnten für den Klimaschutz kämpfen.
Die Klimawandelleugner behaupten, es gäbe eine geheime Verschwörung. Aber ihre Argumente sind, selbst wenn man sie besten Willens versucht nachzuvollziehen, ohne jede Logik, eine intellektuelle Zumutung sondergleichen, ohne verschwurbeltes Denken nicht nachzuvollziehen. Klimawandelleugner brauchen etwas, damit ihre Behauptung funktioniert: Eine gigantische, wilde Verschwörung, für die absolut nichts spricht.