"Durch Arbeit ist noch keiner reich geworden" – Wieso wir einen Karriere-Gott brauchen

Wenn es ums Gehalt geht, werden die Leute wach. Wer verdient wie viel? Welche Argumente ziehen in der Gehaltsverhandlung? Was kann ich verlangen, wenn ich mich um einen Job bewerbe? All diese Fragen sind berechtigt, denn die Banken akzeptieren keine Knöpfe. Wer sich jedoch auf den Weg macht und Lebensstandards vergleicht, kommt zum Ergebnis: Durch Arbeit ist noch keiner reich geworden. Wie dann? Dies erklärt folgender Artikel.

Reiche und Arme: Wer hat wie viel Einkommen in Deutschland?

Fragen wir zunächst: Wie viel (Jahres-) Einkommen beziehen die reichsten Haushalte Deutschlands pro Jahr? Bevor Sie die Antwort lesen, notieren Sie bitte Ihre Schätzung für die obersten zehn Prozent der deutschen Haushalte. Fertig? Okay, dann kommen wir zur Auflösung. Teilt man die Haushalte Deutschlands nach Höhe des verfügbaren Einkommens in zehn Gruppen, ergeben sich in den unteren Gruppen im Schnitt 12 bis 24 Tausend Euro Einkommen pro Haushalt und Jahr. Im Mittleren Bereich steigern sich die Summen von 28 bis 43 Tausend. Dann geht es über 49, 59 und dann in einem größeren Sprung auf 101 Tausend Euro im Jahr – die gesuchte Zahl. Obwohl der Sprung am Ende vergleichsweise groß ausfällt: Hätten Sie gedacht, dass die Spitzengruppe nur über 101 Tausend Euro im Jahr verfügt? Wir reden immerhin über Haushaltseinkommen und eines der materiell reichsten Länder der Erde!

Wenn ich Gesprächen in Seminaren oder in Small-Talk-Runden, in denen es ums Geld geht, lausche, wird heiß diskutiert. Wer verdient wie viel? Ein hohes Einkommen führt zu Reichtum, davon gehen alle aus. Irgendwas an dieser Annahme ist jedoch offenbar grundverkehrt. Sonst müssten die Haushalte mit den höchsten Einkommen deutlich über 100.000 Euro liegen. Auf der Suche nach denen, die hierzulande für den Absatz von Luxus-Artikeln sorgen, kommen wir so nicht weiter. Mit dem Gehalt hat es in den seltensten Fällen zu tun, wenn Papi dem Junior als Belohnung fürs bestandene Abi eine frisch gekaufte A-Klasse hinstellt. Womit dann? Wie wird man reich?

Leben Sie doch von den Zinsen!

Wie wäre es damit, dass Sie Ihr Geld für sich arbeiten lassen? Hört sich gut an, oder? Angelegtes Geld bringt schließlich Zinsen und man muss dafür nichts tun! Langfristig angelegtes Geld bringt zum Beispiel vier Prozent Zinsertrag. Auf der anderen Seite haben die meisten Geld geliehen, um ihr Auto oder ihr Eigenheim zu nutzen. Das führt dazu, dass Sie auf der einen Seite Zinserträge bekommen und auf der anderen Seite Zinskosten zahlen. Wer also 10.000 Euro auf dem Sparbuch hat, aber gleichzeitig einen 100.000-Euro-Kredit für die Wohnung bedient, kann schwerlich vom Zinsgeschäft profitieren. Und wenn es umgekehrt aussieht? 100.000 Euro angelegt und nur 10.000 Euro Kredit fürs Fahrzeug? Das müsste doch reichen für einen ordentlichen Gewinn, oder? Weit gefehlt, wie folgende Überlegung zeigt.

Wenn Sie Morgens ein Brötchen kaufen, sagen wir für einen Euro, zahlen Sie darauf Zinsen. Denn der Bäcker kalkuliert den Preis so: “Ich habe bei der Bank einen Kredit laufen, um  meine Ladeneinrichtungen und Backmaschinen zu bezahlen. Dafür zahle ich 5 Prozent Zinsen, also muss das Brötchen, sagen wir 1 Euro statt 95 Cent kosten.” Wenn er anders kalkuliert, geht er Pleite. Der Bäcker muss seine Kapitalkosten (Zins) genauso einpreisen, wie die Personalkosten, Beträge für Mehl und Salz, Energie und Miete.

Der Produzent der Backmaschinen hat aber das gleiche Problem. Auch er hat Kredite laufen, die er bedienen muss. Diese Kapitalkosten muss er an den Bäcker weiter geben, sonst geht er Pleite. Bei den Herstellern von Motoren, Schrauben, Dichtungen und Blech, die den Maschinenbauer beliefern, sieht es ganz genauso aus. Also steht hinter jedem Endpreis, den der Kunde zahlt, eine ganze Lieferantenkette und jeder einzelne Lieferant preist seine Kapitalkosten ein.

Vorläufiges Fazit

Das Fazit bis jetzt: Erstens haben wir auch dann Zinskosten, wenn wir keine Schulden verbuchen müssen. Zweitens: Unsere Zinskosten liegen erheblich über denen, die ein einzelner Kredit laut Bankbescheid kostet. Mit den 5 Prozent aufs Brötchen ist ja nur der Kapitalaufwand des Bäckers beglichen, aber nicht derjenige seiner Lieferanten und deren Lieferanten. Insgesamt, so hat der Finanzexperte Helmut Creutz errechnet, kommen so bei jeder Ausgabe im Schnitt rund 35 Prozent Zinsen zusammen. Zum Beispiel: Sie haben keine Schulden und kein Guthaben. Sie verdienen 30.000,- Euro im Jahr und geben genausoviel Geld aus. Dann sind ungefähr 10.500 Euro Ihrer Ausgaben letztlich dafür da, dass jemand seine Zinsen zahlen kann. Je mehr Geld Sie ausgeben, desto höher ist dieser Betrag.

Wenn Sie Geld gespart und angelegt haben und dafür Zinsen bekommen, sind Sie an dieser Stelle auch Gewinner. Aber bei 100.000 Euro angelegtem Geld reicht das noch lange nicht, um unter dem Strich wirklich mehr einzunehmen, als auszugeben. Wie reich müssen Sie dann sein, um im Zinsgeschäft zu den Gewinnern zu gehören? Seit einigen Jahren hat sich dafür eine Faustregel eingependelt. Ihr Vermögen muss ihre Ausgaben um ungefähr das zehnfache übertreffen, damit Sie zumindest nicht verlieren. Bei mehr Guthaben gewinnen Sie. Das bedeutet: Wer 30.000 Euro im Jahr ausgibt, muss mindestens schuldenfrei sein und darüber hinaus mindestens 300.000 Euro angelegt haben. Erst dann gibt es einen zinsbedingten Geldfluss in dessen Kasse.

 

 

In der Grafik (Quelle: Das Geldsyndrom 2012 – mit freundlicher Genehmigung von Helmut Creutz) sehen Sie dies veranschaulicht. Die Balken im Hintergrund markieren die Haushaltsausgaben. Die schwarzen Balken die Zinskosten, die gelborangenen die Zinsgewinne. Die Balken sind maßstabsgerecht. Acht Haushaltsgruppen verlieren Geld. Die neunte gewinnt ungefähr 6.000 Euro pro Jahr. Die zehnte Gruppe gewinnt über die Zinsumverteilung alles Übrige, was die unteren acht Gruppen verlieren. Jahr für Jahr steigern diese Haushalte ihr bestehendes Vermögen um weitere 61.000 Euro.

Anmerkung zu großen Vermögen

In der Spitze liegt die Höhe der Umverteilung bei mehreren Millionen. Große Vermögen verdoppeln sich dadurch alle paar Jahre. Historisch gesehen klettern sie übrigens nicht unendlich weiter. Erbteilungen, Kriege, Pleiten, Veränderungen der Wirtschaftsweise sorgen dafür. Unter stabilen Bedingungen wachsen diese Vermögen aber. Wer von unseren circa 100 deutschen Milliardären z.B. 1 Milliarde hat, besitzt in ein paar Jahren 2 Milliarden, dann 4, dann 8, dann 16 Milliarden.

Umverteilung und Schwarzgeld

Und die Zins-Umverteilung sorgt dafür, dass ständig Geld von den Armen zu den Reichen wandert (nach persönlicher Mitteilung von Helmut Creutz lag dieser Betrag im Jahr 2007 bei knapp 1 Milliarde Euro netto pro Kalendertag). In Deutschland besitzen nach Auswertungen des Sozio-Ökonomischen Panels (SOEP) die reichsten 10 Prozent der Bevölkerung 61 Prozent des Volksvermögens. Nach einer aktuellen Studie des Tax Justice Networks besitzen 0,00001 Prozent der Weltbevölkerung 30 Prozent des Vermögens. Und wer viel Geld hat, weiß auch, wie er es vor der Steuerzahlung schützt: 21 bis 32 Billionen Dollar – das sind Zahlen mit 12 Nullen – sind nach Aussagen des Netzwerks schätzungsweise als Schwarzgeld in Steueroasen geparkt.

Das Gefühl, mehr zu arbeiten und weniger zu verdienen

Hatten Sie auch schon einmal das Gefühl, immer mehr zu arbeiten und besser zu verdienen, aber immer weniger Geld zur Verfügung zu haben? Vermutlich trügt Sie Ihr Gefühl nicht. Sie spüren nur die großen Räder der Finanzgeschäfte in Ihrer eigenen Tasche.

Und jetzt wissen Sie auch, warum das so ist. Steuerrecht und Freibetrag bei den Sozialgrenzen haben bei mittleren Einkommen wohl den größten Einfluss. Die gesamtgesellschaftlichen Veränderungen über ein oder zwei Jahrzehnte gesehen werden jedoch besser über die Umverteilung durch das Zinsgeschäft beschrieben.

Angesichts dieser Tatsachen können wir den Karriere-Gott und die Erfolgspropheten doch gut gebrauchen, oder? Sie lassen uns glauben, dass jeder seines Glückes Schmied ist.

P.S.: Verhandeln Sie dennoch hart um harte Euros, denn zu verschenken haben Sie nichts. Dabei helfe ich Ihnen gern. Denn: Nur weil einer Ideale hat, soll er nicht auf Geld verzichten!

Dieser Artikel ist der dritte einer Reihe zum Karrieregott.

Hier finden Sie den ersten.

Hier gehts zum zweiten.

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