Gummibärchen und PowerPoint – warum buntes Zeug keine Erkenntnis bringt

“PowerPoint sehe ich kritisch”, sagte ich – und bekam den Trainer-Auftrag nicht. Doch die bunten Bilder verhindern die Informationsaufnahme, wie jetzt nachgewiesen wurde.

Es muss im Jahre 2006 gewesen sein, als ich meinen Gesprächspartner mit kritischen Tönen zu PowerPoint erschreckte. Matthias Pöhms Buch mit dem Untertitel “Der Irrtum PowerPoint” war gerade erschienen. Das Werk hatte mich damals sehr in meinen Ansichten bestärkt. Außerdem wurde PowerPoint mitverantwortlich für die Columbia-Katastrophe gemacht. Ich vermute: Die Zuhörer dusselten beim Angucken der animierten Bilder weg. Die technischen Gefahren, über die referiert wurde, zogen friedlich im Halbschlaf an ihnen vorüber, statt die Gemüter zu erregen. Hätte die Katastrophe nicht gezeigt, dass da was nicht stimmte, es hätte für die Präsentation wahrscheinlich gute Noten gegeben. Aber so ist das: Unterhaltung und Inhalte, das passt häufig nicht zusammen.

Bestnoten trotz Katastrophe?

Seit fünfzehn Jahren gestalte ich Trainings. PowerPoint halte ich als Hilfsmittel fürs Verständnis schon immer für fragwürdig. Glänzend geeignet ist das Programm allerdings dafür, Zuschauer zu beeindrucken: Wow, irre, bunte Bilder! Damit spiegelt PowerPoint die Trainerszene. Viele Unternehmen “messen” den Erfolg einer Veranstaltung per Teilnehmer-Feedback. Gute Unterhaltung bringt da Bestnoten.

Ganz auf dieser Linie liegt auch mein Erlebnis zum Thema “Qualitätsmanagement” von Bildungsveranstaltungen. Vor einigen Monaten hatte ich ein mehrwöchiges Seminar zu evaluieren. Für jeden Trainer gab es einen extra Bogen. Da war es für die Teilnehmer nicht mehr ganz einfach, die Trainer auseinander zu halten. “Herr x?? Wer war das nochmal?”, fragte eine Teilnehmerin die andere. Die Antwort:

“Das war der mit den Gummibärchen!”

In einem anderen Seminar referierte ein Trainer im breiten Schwäbisch über die Theorie des Vorstellungsgesprächs. Seine Sprüche kamen meistens sehr gut an. Aber der Inhalt? Wenn ich am nächsten Tag “Rollenspiele” zum Vorstellungsgespräch anbot, fragte ich manchmal die Gruppe: “Was haben Sie sich von gestern merken können? Was war wichtig?” Meist kam dann die Antwort, man solle die Hände auf den Tisch legen beim Gespräch. Aber was die Frage der Personaler soll “Was wissen Sie über unser Unternehmen?” konnte keiner beantworten.

Also: PowerPoint, Gummibärchen und flotte Sprüche sind super fürs Feedback und den Folgeauftrag. Und um Inhalte und Veränderung des Denkens schert sich niemand mehr. Besonders strenges Feedback gibts an der Uni. Dort weiß ich nicht, wie es ausgewertet wird. Aber ich fände es logisch, dass ein Seminar, das zum Denken anregt – was ja an der Uni ein Thema sein sollte – sehr gute wie sehr schlechte Noten produziert. Manche wollen nämlich auch dort ungern denken. Ob die Auswertung so geht?

Naiver Opportunist?

Opportunistisch wie ich bin – und sowieso abhängig von Folgeaufträgen – achte ich dennoch auf gute Bewertungen. Das kriege ich auch ohne Gummibärchen hin, wenns sein muss. Und auch ohne PowerPoint. Und wenn ich gut drauf bin, kriege ich inhaltlich was rüber – trotz PowerPoint! Aber es kann nicht schaden, dass nun die Wissenschaft nachweist, was ich schon lange erlebe: Bei PowerPoint-Vorträgen kommt inhaltlich wenig rüber – außer bunten Bildern. Jetzt hoffe ich, dass die Forschung irgendwann dazu führt, dass wir uns wieder den Inhalten zuwenden. Bin ich naiv?

Link 1 zur Analyse der Columbia-Katastrophe

Link 2 dazu

Link zur Analyse der Columbia- und anderer Katastrophen

Hier noch ein auf dieser Seite neuer Link zu meinem Profil im Deutschen Rednerlexikon.

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