Die Langeweile im Vorstellungsgespräch – Zwei Tipps aus ungewöhnlicher Perspektive

Was kommt im Vorstellungsgespräch gut an? Tolles Outfit, eloquente Antworten, selbstbewusste Körpersprache? Wenn Sie immer dachten, dass Sie mit einem solchermaßen gelungenen Auftritt alle Hürden genommen haben, liegen Sie zwar auf der Linie der gängigen Ratgeber – aber vergessen doch einen entscheidenden Punkt: Die Perspektive des Personalers.

Personaler, professionell betrachtet

“Wie bitte?”, werden Sie jetzt vielleicht empört denken, was soll ich da denn vergessen haben? Damit wir nicht durcheinander kommen, müssen wir die Dinge sortieren. Da gibt es zum einen den Job, den die Personalentscheider zu verrichten haben. Sie suchen eine kompetente Fach- oder Führungskraft, um eine offene Stelle zu besetzen. Auf Seiten des Bewerbers werden ein positiver Auftritt erwartet, gute Umgangsformen, flüssige Redeweise. Wenn wir auf die feineren Signale schauen, dreht es sich um Blickkontakt, Lächeln und eine sonore Stimme. Okay. Aber wo ist jetzt nochmal die Perspektive des Personalers? Was wir bisher beschrieben haben, ist zum einen sein Job, das Offensichtliche. Zum anderen das, was unter die Rubrik Manipulation / Unbewusstes fällt. Das sind Faktoren, die die professionelle Urteilskraft beeinflussen. Zum Teil rational, bewusst. Zum anderen Teil eher als Verzerrung der Urteilskraft. Aber immer noch reden wir über die professionelle Seite.

Personaler privat

Wir sind noch nicht bei der grundlegenden Innensicht der Interviewer. Also nochmals anders: In einem häufigen Szenario muss eine Stelle besetzt werden und deshalb werden Bewerber eingeladen. Das bedeutet für die Entscheider, dass Kandidat auf Kandidatin folgt. Da es um dieselbe Stelle geht, ähneln die Profile einander, die Fragen sind mehr oder weniger die gleichen. (Bei professionell geführten Gesprächen sollte das auch so sein, denn sonst können die Antworten der Bewerber schlecht miteinander verglichen werden.) Wie fühlt sich nun ein Personaler dabei? Könnte es sein, dass ihn das Ganze mit der Zeit … schlicht anödet? Klar, wenn jemand ein selbstsicheres Auftreten hat und fachlich überzeugt, freut einen das. Auch weil die erfolgreiche Besetzung der Stelle damit näher rückt – und damit die immer ähnlichen Gespräche endlich ein Ende nehmen. Und hier kommen wir langsam zur privaten Seite: Der Wunsch, eine angenehme Zeit zu verbringen.

Interview-Zeit ist Lebenszeit

Reichlich unabhängig von Fragen des professionellen Auftritts, der sich trainieren und zum Teil manipulieren lässt, ist Vorstellungsgesprächs-Zeit Lebenszeit. Auch für Personalentscheider. Kandidaten, die diese Zeit für ihre Interviewer angenehm gestalten, werden positiv beurteilt. Das hat nichts mit dem Präsentationsgeschick des Bewerbers zu tun, nicht einmal die Sympathie muss eine entscheidende Rolle spielen. Es geht ja gar nicht um die Einschätzung des Bewerbers als Bewerber. Es geht für Interviewer schlicht darum, eine angenehme Zeit zu verbringen. Wen immer sie einstellen: Sie werden hinterher noch mehr Zeit mit ihm oder ihr verbringen. Da spricht wenig für die Entscheidung zugunsten von unangenehmen Typen – egal, wie kompetent sie sind oder wie sympathisch sie sich im Grunde geben.

Tipp 1: Halten Sie das Gespräch am Laufen

Die persönlichen Ansprüche der Interviewer sind ganz andere. Sie unterhalten sich gut, wenn die Antworten originell sind. Sie leiden insbesondere, wenn sie den Kandidaten die Würmer aus der Nase ziehen müssen. “Sie konnte von sich aus das Gespräch am Laufen halten”, war ein großes Kompliment an eine Bewerberin, das ich vor Kurzem hörte. Das hat nichts mit Kompetenz oder Sympathie in Form von Blickkontakt oder Lächeln zu tun. Stellen Sie sich eine angenehme Plauderei vor, dann haben Sie das richtige Bild von dem, was ich meine. In einer Plauderei läuft das so: Mal hören wir zu, mal reden wir selbst (siehe 50%-Regel). Wir nehmen Stellung, lassen die Worte des anderen nicht einfach im Nichts stehen. Gesprächspausen werden gemeinsam gestaltet, man wartet nicht auf die Initiative nur einer Seite. Wenn das Gespräch dann doch einmal ruht, darf es das. Wir hängen dann vielleicht einem Gedanken nach, und bringen darauf einen anderen, neuen Blickwinkel ein. Es geht hier keineswegs um eine Fragetechnik oder um aktives Zuhören, wie es häufig empfohlen wird. Nein, das aktive Zuhören in der Plauderei kommt entweder von alleine oder gar nicht. Eine ganz konkrete Empfehlung lautet also: Sie sollten also “das Gespräch am Laufen halten”, wie in einem privaten Plausch.

Tipp 2: Spielen Sie nie den tollen Bewerber!

Was noch? Vor kurzem war ein Kandidat, den ich schon länger kenne, bei einer Kollegin zum Interview. “Den würde ich nie einstellen!” rief sie aus. Wieso lehnte sie ihn so entschieden ab? “Ich habe keine genauen Gründe. Aber der war irgendwie ‘nicht echt’. Er war bemüht, einen bestimmten Eindruck zu erwecken, aber das war zu spüren.” Ohne das zu wissen, hat sie nach einer Stunde Gespräch genau das beschrieben, was ich seit Monaten beobachte. Würden Sie sich je mit jemanden wieder treffen wollen, der Ihnen spürbar etwas vorspielt? Klar, das Vorstellungsgespräch legt solcherlei scheinbar nahe. Es geht darum, sich selbst im positiven Licht zu präsentieren, lesen Sie überall. Aber das Beispiel zeigt uns drastisch die Grenze auf: Sobald wir es nur etwas übertreiben, kassieren wir eine Absage. Es geht letztlich um die innere Haltung. Wer manipulieren will, scheitert. Übrigens war der Kandidat bei einem psychologischen Test, wo seine Art nicht auffiel. Ich behaupte: Bei Personalern, die täglich Interviews führen, fällt sie auf. Wiederum treten die gängigen Tipps in den Hintergrund und die Plauderei am Gartenzaun dient als Referenz: Würden Sie Ihrem Nachbarn etwas Vorspielen? Nein. Und das sollten Sie im Vorstellungsgespräch auch nicht. Zeigen Sie stattdessen das, was Sie auszeichnet, möglichst klar. Zeigen Sie Charakter – und zwar Ihren eigenen!

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