Wie macht man Karriere und wer hat das Zeug dazu? Tipps von Top-Managern.

23 Top-Leader wurden um ihre persönlichen Karrieretipps gebeten – mit überraschendem Ergebnis. Die Manager zeichnen das Bild von authentischen Menschen mit eigenem Kopf. Offenheit und engagiertes, mutiges Handeln werden außerdem genannt. Klassische Tipps wie “Englisch”, “Auslandseinsatz” oder “Netzwerken” landen dagegen abgeschlagen auf den hintersten Plätzen der Empfehlungsliste für die Karriere.

Die 23 Personalmanager

Um die besten Karriere-Empfehlungen heraus zu finden, habe ich eine Publikation der trendence Institut GmbH ausgewertet. Der Band “Deutschlands 100 Top-Arbeitgeber” richtet sich an Absolventen auf Arbeitssuche. In der Ausgabe 2012 wurden 23 Vorstände und Führungspersönlichkeiten, meist aus dem Personalbereich, gefragt: “Haben Sie einen persönlichen Rat an die Absolventen?” Die Antworten wurden inhaltlich sortiert und quantifiziert. Hieraus ergaben sich klare Empfehlungen. Das überrascht, insbesondere wenn man bedenkt, dass die Top-Chefs aus den verschiedensten Branchen und Unternehmen kommen und keinerlei Vorgaben erhielten. Außer der Klarheit und Einheitlichkeit der Empfehlungen ist bemerkenswert, was kaum geraten wurde, obwohl dies jeder erwartet hätte.

Bronze: Engagement

Mit 9 Nennungen landete auf Platz drei der Empfehlungsliste, das engagierte Arbeiten. “Nehmen Sie Herausforderungen beherzt an” rät z.B. Kathrin Menges, Personalvorstand bei Henkel. “Seien Sie mit Leidenschaft bei der Sache”, fordert Marius Möller, Vorstand im gleichen Bereich bei pwc. “Herzblut und Leidenschaft” sieht Jürgen Holeksa, der Personalvorstand der ZF Friedrichshafen AG, als notwendig an. Dr. Horst Neumann, Personalvorstand von VW, möchte die Bereitschaft sehen, “engagiert das Beste zu geben”. Viele der befragten Top-Leader verbinden die Forderung nach Engagement damit, dass die Absolventen die eigenen Stärken kennen und sich danach richten, was ihnen Spaß macht und was sie wirklich interessiert.

Insgesamt nennen 9 der Befragten die Orientierung am eigenen Interesse als wesentlich für die Karriere (vier mal ohne Hinweis auf das darauf folgende engagierte Handeln). Drei Chefs weichen davon ab und fordern zwar Engagement, aber nicht unbedingt entlang der eigenen Vorlieben. Bei ihnen klingt es eher danach, als sollte man die vom Unternehmen vorgegebenen Aufgaben mit Leidenschaft ausfüllen – “Was immer auch der Arbeitgeber verlangt, mach’ es mit Verve.” Diese Variante von Engagment-Fans bleibt also die Minderheit.

Silber: Offenheit und Lernbereitschaft

Mit 16 Nennungen deutlich öfter als das leidenschaftliche Arbeiten werden Offenheit und Lernbereitschaft gefordert. Kaum etwas hassen die Chefs offenbar mehr, wie frisch geschlüpfte Absolventen, die schon alles besser wissen oder die ihre Weiterentwicklung vorschnell einstellen. “Sammel frühzeitig Erfahrungen in Bereichen, die außerhalb deiner Komfortzone liegen”, rät beispielsweise Harald Melwisch, Vice President Marketing bei Unilever. “Seien Sie offen für ständige Weiterentwicklung im fachlichen wie im persönlichen Sinn”, fasst Thomas Edig, Vorstand Personal und Sozialwesen bei Porsche, zusammen.

Gold: Authentizität und Andersdenken

Schon beim ersten Lesen war mir aufgefallen, welch deutliche Worte die Chefs Richtung Authentizität und alternative Wege finden. Beim Quanitifizieren der Aussagen waren es dann erst weniger Nennungen, als ich dachte. Manche bezeichneten, was sie meinten, nicht mit “Authentizität”, sondern umschrieben es in anderen Worten. Insgesamt sprachen sich letztlich 19 der 23 Leader für Glaubwürdigkeit aus bzw. favourisierten Eigenschaften, die eindeutig jenseits der glatten Karriere liegen, bei der man einfach alles für die Firma tut. 19 von 23: Quantitativ betrachtet ergibt das eine eindeutig Aussage! Zudem sind die Worte, in denen die Leader ihre Ansicht beschreiben, außerordentlich deutlich und kraftvoll. Daher zitierte ich gerne einige ausführlicher.

“Riskieren Sie durchaus mal einen Fehler, auch das Laufen in die falsche Richtung fern von ausgetretenen Trampelpfaden kann den richtigen Weg weisen und Sie für Arbeitgeber attraktiv machen”, schreibt Ulrich Weber, Personalvorstand der Deutschen Bahn AG. Auch Sabine Lautenschläger, Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank, spricht vom Verlassen der “ausgetretenen Pfade”. Auch die Formulierung von Ulrich Bormann, SVP, Head of Corporate Human Ressource bei Evonik, klingt nach eigenem Kopf: “Gegründet auf solider Werteorientierung den eigenen authentischen Weg finden (und gleichzeitig offen für Neues sein)”, dazu rät er. Von J.P. Morgan in Person des CEO BRD/Schweiz/Österreich, Dr. Karl-Georg Altenburg hätte man auch nicht unbedingt folgenden Rat erwartet. “Die Bodenhaftung behalten und das eigene Tun fortlaufend kritisch hinterfragen, … soziales Engagement und Familie und Sport als Ausgleich”.

Interessant ist auch, was Prof. Dr. Wolfgang Zieren, Personalvorstand bei KPMG, sagt: “Respektieren Sie andere Perspektiven, im Umgang mit Menschen gibt es regelmäßig keine objektive Wahrheit, sondern nur subjektive Wahrnehmungen” – wie übrigens die Gehirnforschung naturwissenschaftlich belegt. Trotzdem ist es sicher nicht trivial, diese Erkenntnis zu leben. Zieren sagt außerdem: “Trotz aller Hektik: Nehmen Sie sich Zeit für Gespräche. Zeit ist oftmals ein größeres Geschenk als Geld”.

Mit welchen Mitarbeitern Porsche nach vorne kommt, formuliert Thomas Edig: “Mitarbeiter, die oft anders denken und unkonventionelle Pfade beschreiten.” Harald Melwisch von Unilever stimmt zu: “Sei ‘unbequem’ und trau dich, unkonventionelle Gedanken einzubringen”. Der Leiter der Konzernfunktion Personal bei Zeiss, Bernhard Just, nennt “Authentizität, Unabhängigkeit und langfristige Ziele”. Und als letztes zitiere ich Hans Vestergaard, Senior Vice President Sales bei Vestas: “Es geht nicht immer darum, die richtigen Antworten parat zu haben, sondern eher darum, die richtigen Fragen zu stellen.” Darüber habe ich hier geschrieben.

Die Verlierer: Zielorientierung, Auslandseinsatz, Anpassung, Netzwerken

Genauso bemerkenswert wie die genannten Empfehlungen sind jene Punkte, die gar nicht oder selten erwähnt wurden. Karrieretipps von Topmanagern, da würde man doch erwarten, dass es um Leistung, Anpassung oder Siegeswillen geht, um Englisch-Kenntnisse, Auslandsengagements und große Ziele. Das alles taucht jedoch unter den Tipps der Top-Leute kaum auf.

Keiner forderte Anpassung – vielleicht, weil man zwei Dinge auseinander halten muss. Die Karrieremechanik, also die Gesetze, die sich aus der hierarchischen Anordnung eines Unternehmens ergeben, muss man kennen und akzeptieren. Jeder, der einen Arbeitsvertrag unterschreibt, kann im vorhinein wissen, dass er eben angestellt ist. Es gibt einen Chef und wenn keiner auf ihn hörte, wäre er unnötig. Der ganze Laden würde nicht funktionieren (oder nur mit sehr anderen, speziellen Organisationsmodellen). Davon zu trennen ist die persönliche Unterordnung, die Kriecherei, die viele fürchten, die aber offenbar unnötig ist, glaubt man den befragten Chefs.

Englischkenntnisse wurden nur einmal explizit genannt. Das hat sicherlich zwei Gründe: Erstens sind sie heute selbstverständlich, zweitens können die guten Absolventen Englisch – oder lernen es zügig. Offensichtlich handelt es sich hier um keinen Engpass, der im Unternehmen häufiger auftaucht.

Der Auslandsaufenthalt wird lediglich einmal explizit genannt, interkulturelle Kompetenz zwei mal. Auch die Seltenheit dieses Themas hat vermutlich mehrere Gründe. Erstens kommt das Ausland durchaus zur Sprache, allerdings normalerweise unter der Überschrift “Horizont erweitern”. Beispielsweise rät Ulrich Bormann von Evonik, offen für Veränderungen und Neues zu sein “durch Fortbildung, Funktionswechsel oder Auslandseinsatz”. Die Überschrift ist also “Offenheit”. Das Ausland bietet nur eine unter mehreren Optionen, diese Offenheit zu behalten. Außerdem ist es letztlich so, dass das Unternehmen entscheidet, ob man ins Ausland gehen soll oder nicht.

Zielorientierung wird nur dreimal genannt. Frank Nennstiel, Vorsitzender des Vorstands und Sparkassendirektor, kapriziert sich vollständig auf die Zielearbeit, nennt also gar nichts anderes. Er steht damit allerdings alleine im Feld seiner Kollegen.

Auch Mentoren suchen und Netzwerke gründen wird gemeinhin als probates Mittel für die erfolgreiche Karriere angesehen. Unter den Chefs ist es allein Ulrich Bormann von Evonik, der dies hervorhebt. Andere nennen die Teamorientierung im Zusammenhang damit, dass man die Leistungen anderer wertschätzen sollte (3 mal), geht also eher in der Richtung, das eigene Ego herunter zu dimmen.

Fazit: In den Köpfen von Karrierewilligen spukt ein Mensch herum, der aalglatt und extrem ehrgeizig alles macht, was sein Chef will. Wer dieser Vorstellung auf den Leim geht, bleibt offensichtlich in den niederen Hierarchiestufen hängen. Jenen jedoch, die mutig, authentisch und mit eigenem Kopf voran schreiten, gehört die Zukunft.

Die Aussagen der Top-Leader können Sie hier online nachlesen.

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