Kritik begegnen, Ärger verarbeiten

Wie gehen Sie mit Kritik (professionell) um? Das fragt PR-Doktor Dr. Kerstin Hoffmann in ihrer Blogparade #Kritikprofis. In meinem Beitrag möchte ich Ihnen dabei helfen, mit Ihren Emotionen umgehen, wenn Sie kritisiert werden.

Kritisiert werden heißt, sich ärgern

Angenommen, Sie halten einen Vortrag oder eine Präsentation. Sie haben vorher alles durchdacht, sich aufs Präsentieren vorbereitet, sich große Mühe gegeben. Und dann das: Ein verärgerter Zuhörer startet einen Zwischenruf, mit dem Sie nicht gerechnet haben. Wie die Sache für Sie aussieht, hat dieser Mensch nichts kapiert und ist dazu auch noch frech und unerzogen. Was Sie empfinden, nennt sich “Ärger”.

“Ärger” ist eine Emotion, die bedeutet: Es passiert etwas, das Sie nicht wollen, aber grundsätzlich ändern können. Das Gegenteil wäre Gleichgültigkeit. Als engagierter Mensch, der seine Sache gut machen will, werden Sie aber nicht gleichgültig sein, sondern eben ärgerlich. In der milden Variante “unzufrieden”, in einer starken “wütend” (dagegen: Wenn Sie alles gleichgültig hinnehmen, befinden Sie sich auf dem Weg zur inneren Kündigung). Was tun?

Notfall-Handeln

Klar ist eines: Wenn Sie nun ausrasten, schaden Sie nur sich selbst. Ihrem Ruf und Ihrer Karriere. Gefragt ist also eine Alternative. Eine ruhige, souveräne Reaktion wäre prima. Nur: Sie ärgern sich maßlos! Vielleicht sogar: Sie kochen! Die Wut brodelt in Ihnen und die Hormone spüren Sie bis in die Haarspitzen!

Um zu verstehen, wo Ihr emotionales Problem in diesem Moment liegt, ist ein Blick in die Menschheitsgeschichte hilfreich. Wozu war die Wut usprünglich da? In Flucht- und Kampfsituationen verlieh sie unseren Vorfahren Energie. Sie sprangen vom Feuer auf, stellten die Verdauung ein, schalteten auf sofortige Aktivität, fokussierten ihre Wahrnehmung auf den gefährlichen Angreifer. Die Stresshormone schossen nach oben und verlangten nach sofortigem Abbau.

Physiologisch reagieren wir noch genau so wie unserer Vorfahren in der wilden Jäger- und Sammlerzeit. Nur dass es sinnlos wäre, die rote Ampel, die uns vielleicht gerade ärgert, körperlich zu bekämpfen.

Zurück zu Ihnen und Ihrem Problem im Business: Trotz Ihres Hormonzustandes wäre es im Meeting natürlich völlig unangemessen, Stühle beiseite werfend auf den widerspänstigen Zwischenrufer zuzustürmen und eine Keilerei mit ihm zu beginnen. Was Sie also brauchen, ist Abstand. Einen Notfallplan. Schlicht: Zeit, wieder herunter zu kommen. Bei einem Streit mag es gehen, dass Sie eine kurze Entschuldigung murmeln, den Raum verlassen und durch die frische Luft schreiten. Während einer Präsentation könnten Sie bis zehn zählen, die Energie abbauen, indem Sie kurz alle Muskeln anspannen, Ihrem Körper einen Alternativreiz bieten, indem Sie einen Schluck Wasser trinken. Entscheidend ist: Wenn Sie Ihre Reaktion nur um ein paar Sekunden verschieben, wird sie weniger wutgesteuert ausfallen, mehr ins Business-Umfeld passen, fairer sein.

Die Wut rauslassen oder runterschlucken?

Was ist aber besser, die Wut heraus zu lassen? Oder ist es günstiger, sie herunter zu schlucken? Fakt ist: Beide Reaktionsweisen haben messbare körperliche Nachteile. Mal geht es mehr in Richtung Herz-Kreislauf, mal wird das Immunsystem geschädigt: In jedem Fall ist die Wut ungesund.

Daher plädiere ich dafür, den Ärger richtig zu verarbeiten, um in Zukunft weniger Ärger zu erleben. Verändern Sie Ihr Leben so, dass Sie künftig ungesunde Ärgererlebnisse vermeiden.

Dafür gibt es vier Wege. Auf der einen Seite stehen eher Lösungen, eine ist nachhaltiger, selbstreflektiver. In jedem Fall kämpfen Sie nicht (unproduktiv) gegen andere, sondern (produktiv) für sich.

Ärger produktiv nutzen

Die vier Wege, Ärger produktiv zu nutzen:

  • Nutzen Sie Ihren Ärger als Motivationsschub. Am Beispiel Präsentation: Bereiten Sie sich beim nächsten Mal noch gründlicher vor, denn offensichtlich kann es noch besser werden. Der Zwischenrufer weckt Ihren Ehrgeiz, Sie nehmen sich vor, künftig noch überzeugender zu wirken.
  • Nutzen Sie Ihren Ärger als Kreativitätsquelle. Versenken Sie sich ruhig in ihren Frust und in Ihre Verzweiflung, denn das ist Ihre Inspirationsquelle. Vielleicht klappt es, dann steigen Sie wie Phönix aus der Asche hervor, im Kopf eine völlig neue Idee, das Thema anzupacken.
  • Machen Sie Ihre Grenzen deutlich: Wenn die Kritik tatsächlich unsachlich und respektlos war, wehren Sie sich und ziehen Sie gegenüber dem Angreifer eine unmissverständliche Grenze. Sagen Sie laut und deutlich, was Sie unfair fanden und was Sie stattdessen künftig erwarten. Ob sofort oder unter vier Augen, das entscheidet die Situation. Ihre Botschaft lautet beispielsweise: “Kritik ist okay, aber bitte sachlich!”
  • Nutzen Sie Ihren Ärger für Ihr persönliches Wachstum. Die vierte Lösung setzt tiefer an: Hinter Ihrem Ärger stecken letztlich verletzte Bedürfnisse. Obwohl der Wütende nach außen stark erscheint, möchte er mit seiner Wut lediglich überdecken, wie sehr er gerade verletzt wurde. Doch welches sind die eigenen Bedürfnisse, um die es geht? Beispielsweise: Anerkennung, Schutz, Respekt, Achtung, Sicherheit, Organisation, Macht. Alles Wörter, die auch mit einem “Selbst” davor funktionieren: Selbst-Anerkennung, Selbst-Schutz etc. Und darum geht es: Um Sie selbst. Sie sollten den Angreifer nicht überschätzen: Es hätte auch ein anderer sein können. Wer immer es letzlich ist, er oder sie gibt Ihnen wichtige Hinweise auf das, was bei Ihnen selbst im Argen liegt. Kümmern Sie sich um sich, das ist wichtig! Die anderen sind sehr gut als Spiegel, als Hinweisgeber auf Ihre blinden Flecken. Aber Sie werden sich nicht anerkannt und respektiert fühlen können, wenn Sie sich nicht selbst anerkennen und respektieren. Nun sind Sie dank der Kritik des anderen und Ihrer Selbstreflektion auf Ihre eigenen, verletzten Bedürfnisse gekommen. sehr gut. Das gehört zum Wichtigsten im Leben. Nutzen Sie die neue Erkenntnis dafür, dass Sie sich dort etwas Gutes tun, wo Sie es sich wünschen und es brauchen.

So werden Sie Kritik künftig gelassener begegnen. Sie werden weniger Ärger erleben, denn er ist nicht mehr nötig; Sie haben ja Ihr Leben – positiv – verändert.

Zum Nachlesen: Der Zornkönig, mvg 2007.

Komprimiert und auf Ärger im Unternehmen bezogen: Change! Wut in positive Energie umwandeln. C.H. Beck 2009.

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