Eltern-Tipp Pubertät – und eine Erkenntnis für Führungskräfte

Auf den ersten Blick hat die Führungsrolle wenig mit dem Elterndasein zu tun. Doch ein Gedanke zeigt überraschende Parallelen auf. Eltern- und Führungsalltag werden plötzlich sehr ähnlich.

Äußere Fassade, innerer Kern

Die Schule meiner Kinder bot kürzlich einen Informationsabend zur Pubertät an. Nach einem Referat der Schulärztin konnten Fragen gestellt werden, wir Eltern tauschten uns aus. Neben allerlei Bekanntem war ein Gedanke neu für mich. Eine faszinierende Empfehlung: “Sehen Sie Ihr Kind nicht so, wie es ist, sondern so, wie es sein will.”

Die Situation der Jugendlichen: Körper und Gliedmaßen wachsen schnell und unproportional, es gehen merkwürdige seelische Veränderungen vor sich und die sichere Positionierung im Leben verliert sich im Ungewissen – eine neue gibt es noch nicht. Unzufriedenheit mit sich selbst und Hilflosigkeit wechseln mit Phasen der Euphorie für das Neue und die eigenen Freiheiten ab. Liebesgefühle durchfluten den Organismus, abgelöst von Empfindungen der Peinlichkeit und Scham.

Nicht-gewolltes Verhalten

Viele Verhaltensweisen der Jugendlichen sind weniger selbst gewollt, als aus der Not geboren. Sie möchten eigentlich gar nicht so sein, aber finden den Weg zu Ihrem Ziel noch nicht. Es bleibt ihnen nur ein tastendes Probehandeln übrig. Oder, wenn es mal ganz eng wird, ein Verhaltens-Notprogramm, das vielleicht provozierend und oftmals reichlich unbeholfen wirkt.

Wie wundervoll muss es sich anfühlen, in dieser Situation auf Verständnis zu treffen. Auf Eltern, die über den Wutausbruch hinweg sehen, über die Unzuverlässigkeiten, die Ausfälle, die Versagensmomente, die man als Jugendlicher allesamt gar nicht haben wollte. In die man nur hinein geriet. Eltern also, die nicht alles genau nehmen, nicht zu sehr auf die Oberfläche reagieren. Eltern, die den Kern sehen. Nicht so sehr das, was gelingt, sondern das, was versucht wird. Weniger das, was ist, als vielmehr jenes, was eigentlich beabsichtigt war. Eine wohltuende Hilfe für Momente, in denen mehr einfach noch nicht erreicht werden kann.

Führungskompetenz: Chefs in der Elternrolle

Übertragen auf die Führungskompetenz von Chefs: Wie oft scheitern Mitarbeiter an den Verhältnissen oder an ihrem Ungeschick? Sicher zählen im Business letztlich die Ergebnisse. Das muss in der Karriereberatung immer wieder festgestellt werden.

Aber, als Führungskraft stimmen Sie sicherlich zu: Auf dem Weg zum Erfolg passieren Fehler. Die Fehlerforschung zählt, wie häufig ein Fehler bei welcher Art von Verrichtung passiert. So viel sei verraten: Die Zahl “Null” kommt hierbei nie vor.

Chefs in der Rolle souveräner Eltern: Das wären Führungskräfte, die ihre Mitarbeiter mit Weitblick und Nachsicht betrachteten. Die das Bemühen und die Absichten sehen. Die erahnen, was später einmal möglich sein wird, wenn heute dazu gelernt wird – was nur über eigene Fehler gelingt.

Mit dieser Haltung erreichen Sie Vertrauen und Engagement bei Ihren Mitarbeitern und steigern ihre Leistung. Aktuelle Führungsmodelle (transformationalder Führungsstil) bilden genau dies ab. Und solches Führungsverhalten einmal nicht gelingt? Dann macht man eben Fehler – die man auch sich selbst verzeihen darf.

2 Kommentare

  • Interessanter und plakativer Ansatz! Ich weiß nur gerade nicht, ob das die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen oder ob es Ihnen gut tun oder ihnen gerecht würde. Der Chef oder die Chefin nimmt die Elternrolle und betrachtet die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Kinder…

    Ich weiß, was Sie meinen und finde diesen Perspektivwechsel zu gewissen Zeiten sinnvoll. Ich bezweifele aber, dass dies von Chefs (richtig) verstanden und angewendet/umgesetzt wird. Chefinnen aufgrund ihrer Sozialisierung schon deutlich eher.

    Meine Tochter hat immer gesagt. “Pubertät ist dann, wenn Eltern schwierig werden”.

    Ich meine es könnte generell sinnvoll sein zu begreifen, dass das zur Entwicklung gehört (ich meine Pubertät und Fehler).

    Ein ehemaliger Chef von mir war Fan der “Null-Fehler-Kultur”. Ich habe das zunächst abgelehnt und für unmöglich gehalten. Bis er es erklärte: “Ein Fehler der erstmalig begangen wird zählt für mich nicht als Fehler. Daraus lernen wir (und bei einer guten Fehlerkultur wie zum Beispiel bei Piloten der Lufthansa lernen alle, weil offen damit umgegangen wird). Ein Fehler liegt bei mir nur vor, wenn jemand (anderes) den gleichen nochmals begeht”.

    Er hatte Recht und es hat überwiegend funktioniert. Und: “Der Dumme lernt aus seinen Fehlern, der Kluge lernt auch aus den Fehlern anderer”.

    Antworten
    • Guten Tag Herr Unkrig,

      vielen Dank für Ihre interessante Ergänzung!

      Beste Grüße,

      Christoph Burger

      Antworten

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