Die Zukunft der Arbeit in zwei Grafiken

Fragen wir Dr. Kurt Karriere, wie er es nach oben geschafft hat, gibt er eine klare Antwort. “Erstens hatte ich ein Ziel, zweitens habe ich hart dafür gearbeitet, drittens – ‘ich kann’s'”. Dies nenne ich Ziele-Religion und sie ist weit verbreitet – aber völlig falsch. Die Erfolgsgeschichte der Ziele-Religion, die sich durch fast alle gängigen Ratgeber zieht, hängt mit der Funktionsweise unseres Gehirns zusammen. Es liebt Heldengeschichten. Und Helden wie Dr. Karriere lieben Heldengeschichten natürlich auch. Und verbreiten sie gerne weiter, insbesondere, wenn sie die Hauptrolle darin spielen.

Unser Eindruck – Trugbild der Wirklichkeit

Die neuere Gehirnforschung hat festgestellt, dass wir noch nicht einmal wissen, was unser Verhalten steuert. Der Boss im Gehirn ist das limbische System, welches völlig unbewusst arbeitet. Es findet manche Sachen einfach geil – wie z.B. Heroen und ihre Geschichten. Und unser Verstand steuert die Meinung bei, die Welt funktioniere, indem große Menschen große Taten vollbringen. Dieses Trugbild können wir mittels Gehirnforschung und raffinierter Soziologie entlarven (vgl. z.B. Überflieger). In Wirklichkeit führen oft ungerade Wege zum Ziel (vgl. Obliquity). Und wir erfahren über die Zukunft der Arbeit mehr, wenn wir uns relevante Forschungsergebnisse anschauen, als wenn wir Helden lauschen – auch wenn deren Storys cooler kommen.

Der Arbeitsmarkt 1970

Im Jahr 2000 hatte ich einen Verkaufsleiter im “Renten-Outplacement”. Er erzählte, dass er als junger Kaufmann in den 70er-Jahren ein Stellengesuch veröffentlicht, also seine Arbeitskraft per Inserat angeboten hatte. Ergebnis: 120 Firmen bewarben sich darum, ihm einen Arbeitsplatz anbieten zu dürfen. “Das waren noch Zeiten” – werden Sie vielleicht denken! Aber: Diese Zeiten kommen wieder!

Arbeitslosigkeit in der BRD 1970 bis heute

In den 1950er und 1960er-Jahren gab es in der BRD das sogenannte “Wirtschaftswunder”. Deutschland schloss mit Nachbarländern wie der Türkei und Italien Verträge ab, die es ermöglichten, dass Gastarbeiter nach Deutschland kamen. Diese mussten nicht qualifiziert sein oder gut deutsch können. Hauptsache gesund und willig. Arbeitslosigkeit gab es hierzulande also nicht. 1973 mit der Ölkrise änderte sich das etwas, in den 1980er Jahren deutlich. Dann kam noch die Wiedervereinigung 1989, die das Problem verschärfte.

 

Was war das Gegenmittel auf dem Buchmarkt und bei den Beratern? Bewerbungsbücher! Das Label Hesse / Schrader begann in den 1980er Jahren mit einer regelrechten Buchfabrikation (bis heute über 100 Werke), das Label Püttjer/Schnierda nahm in den 1990er Jahren Fahrt auf und legte bis heute über 70 Ratgeber vor. Dann folgte noch 2000 Richard Nelson Bolles, der über Fähigkeitencheck und Initiativbewerbung einen effektiven Weg fand, Menschen in einen schwierigen Arbeitsmarkt zu bringen.

Die Zeit nach 2012

Was wird kommen? Die Grafik unten zeigt die Entwicklung des Erwerbspersonenpotentials in drei Szenarien (IAB-Kurzbericht). Selbst in der günstigsten (oberen) Kurve fällt die Menge der arbeitsbereiten Menschen aufgrund des Geburtenrückgangs ab 2014 dramatisch ab!

Das heißt mit anderen Worten: die Geschichte aus den 1970er Jahren zeigt nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Zukunft der Arbeitswelt. Man sollte gut qualifziert sein. Aber besonderes Heldentum? Unnötig! Und, was den Buchmarkt angeht: Vergesst alle Bücher, die euch helfen, den Stellen nachzulaufen! Die Weitblickerin Svenja Hofert hat das erkannt und mich mitsamt meiner Thesen deshalb hier als Karriereberater der neuen Generation bezeichnet. Vielen Dank! Eine Gefälligkeit war das indessen nicht, sondern scharfe Analyse.

Das Buch “Karriere ohne Schleimspur” ist meine Reaktion auf die Zukunft, wie sie absehbar sein wird. Jenseits der Heldengeschichten! Es zeigt, was Sie beachten müssen, wenn Sie beruflich weiter kommen wollen mit Ihrer Laufbahn. Und das wohl ganz gut, wenn man auf den Zuspruch und das breite Medienecho! blickt. Bei dieser Gelegenheit vielen herzlichen Dank an die Kollegen Experten und bei den Medien für kluge Fragen und Gedanken!

Anmerkung 22.09.2014: Inzwischen hat das Selbstbewusstsein der Generation Y auf andere ausgestrahlt – die hier angesprochenen Entwicklungen fanden also z.T. schon statt. Was allerdings die in den Grafiken dargestellten Entwicklungen angeht, sind diese nach hinten verschoben. Aktuelle Zahlen des IAB dokumentieren eine so starke Zuwanderung, dass die Effekte des demografischen Wandels auf 2016 und später verschoben werden.

Anmerkung 08.03.2017: Erneut hat das IAB die Entwicklung des Erwerbspersonenpotentials prognostiziert. Trotz der enormen Zuwanderung 2015 wird nach wie vor eine deutliche Abnahme erwartet, die allerdings erst zwischen 2020 und 2025 einsetzt [Link zum IAB-Kurzbericht 06-2017]

5 Kommentare

  • Hallo Herr Burger, schöner Beitrag und danke für die Erwähnung. Man müsste vielleicht nich diese fragen beruecksichtigen: wie wird sich die Gesamtzahl der stellen entwickeln? werden Roboter uns Arbeit wie wir sie bisher kannten abnehmen? Wird das Gesamtvolumen der stellen nicht eher abnehmen? Lg Svenja hofert

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    • Hallo Frau Hofert,

      danke für Ihren Kommentar. Total spannend finde ich, dass die IAB-ler nach Feststellen des dramatischen Rückgangs des Arbeitskräftereservoirs meinen: Ob nun daraus ein Fachkräftemangel folgen wird, sei noch nicht sicher. U.a. aufgrund der von Ihnen erwähnten Faktoren. Dennoch halte ich es für unstrittig, dass sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt insgesamt zunehmend entspannen wird.

      Beste Grüße, CB

      Antworten
  • Genauso wie früher die Bewerbungsbücher sind es jetzt die Bücher über “Gründen” und “berufliche Selbstbestimmung” Offenbar ist bei vielen Menschen dieser Drang nach Freiheit oder ausbrechen zu spüren. Ob die “normale” Karriere diesbezüglich überhaupt eine Antwort sein kann?

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    • Guten Tag Herr Cerenak,

      danke für Ihren Kommentar. Sie machen zu Recht auf einen Trend aufmerksam, der eben auch in Richtung Kwerkarriere geht – sich den eigenen Weg suchen. Da sind wir ja auf einer Linie. Allerdings sollte die Diskussion nicht zu sehr in den Idealismus geraten, also nach dem Motto “Die Leute haben jetzt diese Idee, also werden sie dies tun”.
      Sicherlich spielen Ideen eine Rolle, aber nie unabhängig (eher abhängig) vom Materiellen.Was ist gerade wirtschaftlich möglich und sinnvoll, um seine Brötchen zu verdienen? Da sind heute die Gründerzeiten für viele attraktiv und möglich, weil sie Rücklagen haben. Für andere sind sie eine Notwendigkeit, weil ihnen der Arbeitsmarkt keine andere Chance lässt, als es so zu versuchen.
      Beste Grüße,

      Christoph Burger

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