Aufruf zur Blogparade: Charakter zeigen im Netz

Wenn Geschäftsleute, Berater oder Trainer ihre menschlichen Schwächen offenbaren, wirkt das sympathisch. Doch wie zeigen sie im Netz private Seiten, ohne sich dabei selbst zu entblößen? Und wie steht es mit Überzeugungen – sollte man aus Redlichkeit dazu stehen, selbst wenn man Kunden abschreckt? Oder kann eine klare Kante sogar gut sein und Kunden gewinnen?

Vorgeschichte: Ein folgenreiches Gespräch auf der Zukunft Personal

Auf der Personalmesse in Köln 2013 traf ich einige KarriereExperten-Kollegen. Mit dabei waren u.a. Sascha Theobald, der sich auf klare und stimmige Unternehmenskommunikation spezialisiert hat, die Marketing-Textfrau und Team-Trainerin Kati Schmitt-Stuhlträger sowie Silke Loers, Vertriebs- und Social Media-Spezialistin.

Sascha Theobald sprach meine Nachbarin, Kati Schmitt-Stuhlträger, auf “ihr Sternchen” an. Ich verstand nichts und fragte nach. Die Sache mit dem Sternchen war die, dass die Kollegin sich ein neues Auto vom Konzern mit dem Stern zugelegt und dies getwittert hatte. Eine A-Klasse, Sportedition, Spezial-Matt-Lackierung, die sie eben liebevoll “Sternchen” nennt. “Ich habe lange überlegt, ob ich das öffentlich machen soll,” sagte sie. “Aber dann habe ich es gemacht. Ich hab’ mich einfach so sehr gefreut. 15 Jahre hat mich mein Corsa begleitet. 8 Monate habe ich gewartet und dann war mein Sternchen endlich da. Super!”

Kurz darauf outete sich Silke Loers als Konsumentin eines bestimmten Sonntag-Abend-TV-Programms. Bekanntlich gibt es hier vorwiegend zwei Fraktionen: Die ARD-Tatort-Fans und die Anhänger der ZDF-Schnulzen. Silke Loers fügte an die Nennung ihrer Programmwahl an: “Ich habe eben noch überlegt, ob ich das hier sagen soll. Aber mich dafür entschieden.” Verblüffend! Obwohl sie unser Gespräch übers Sternchen nicht mitbekommen hatte, bewegte sie derselbe Gedanke – welche persönlichen Züge darf ich preisgeben?

Privat oder Persönlich?

Ich glaube, dass es richtig ist, sich im Zweifel zu öffnen. Allerdings vermute ich auch, dass dies als allgemeine Empfehlung zu grob wäre. Profis wie Kati Schmitt-Stuhlträger und Silke Loers beherrschen ihren Auftritt und die Abgrenzung, die dazu gehört, letztlich instinktsicher.

Sascha Theobald brachte eine hilfreiche Unterscheidung ins Spiel: “Persönliche Sachen dürfen und sollen veröffentlicht werden, private nicht.” Ein nützliches Begriffspaar, finde ich. Doch wie lässt es sich konkret füllen?

Als ich Kati Schmitt-Stuhlträger um die Erlaubnis bat, über dieses Gespräch zu berichten, hatte sie den glänzenden Einfall, daraus eine Blogparade zu machen. Eine Spitzen-Idee – herzlichen Dank! Hier einige Themen, die dabei näher beleuchtet werden könnten.

Angeberkarre oder Ökomobil? Das Auto

Wer welches Auto fährt, sagt einiges über den Fahrer aus. Wie viel Geld (oder Schulden) hat die Person? Ist sie statusbewusst? Fährt sie einen heißen Stiefel, denkt unerotisch-praktisch oder pflegt sie ein gewisses Understatement? Ein bekannter Trainer wusste genau, welche Wirkung man durch sein Auto haben kann: Nachdem Kunden in einem abendlichen Bargespräch sein Auto, einen SUV, als “Nuttenschüssel” bezeichnet hatten, zog er umgehend los und kaufte ein neues.

Heiko Mell, ein Urvater der Karriereberatung, veranschaulichte das Verhältnis von Führungskraft und Mitarbeitern einmal mit der Parallele zwischen Fahrer und Fahrzeug. Seine schöne Geschichte beginnt so: “Wenn ich im Rückspiegel sehe, dass ein Auto der traditionellen Konkurrenzmarke hinter mir drängelt, und Gas gebe, dann …” Seine Geschichte lief darauf hinaus, dass der Fahrer eine reibungslos funktionierende Maschine verlangen darf. Und wir wissen nun: Mell fährt BMW – oder auch Mercedes. Welchen von beiden? Diese Klippe umschifft er lieber. Ich finde Mells Formulierung gelungen. Sie zeugt von Sprachwitz und ist vergnüglich zu lesen. Mell bleibt aber immer unpersönlich.

Die Sternchen-Fahrerin dagegen nennt Ross und Reiter. Durch die persönliche Information kann ich sie als Mensch viel besser begreifen und sie weckt meine Sympathie.

Mein Geschäftswagen ist seit einigen Monaten der Eco-UP! von VW. Ein kleines, innovatives, umweltschonendes Erdgas-Gefährt, das zum zweiten Mal erster auf der VCD-Umweltliste wurde. Hinter dieser Entscheidung stehe ich voll: “Wenn schon ein Auto, dann so eines.” Wir Eco-UP!-Fahrer, entscheiden uns ganz klar gegen äußeren Status und gegen Fahrspaß (ein Auto “ohne PS” wie meine Tochter es nennt, deren Fahrschulwagen 100+X Pferdestärken hatte). Und für Menschen- und Umweltschutz. Mein PKW-Modell ist teils Statement, teils persönliche Information.

Sozi, Neoliberaler oder Katholik? Partei und Kirche

Manche Freiberufler und Selbständige sind parteipolitisch aktiv. Damit sorgen sie für Ablehnung wie für Zustimmung. Ein Kollege, der u.a. als Politikberater unterwegs war, schrieb damals stolz, dass er “Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien” berate, schwieg sich aber über seine eigenen Partei-Präferenzen aus.

Ich verrate ebenfalls nicht, welche Partei ich – bei welcher Wahl – wähle. Wahrscheinlich aus Furcht, in eine bestimmte Kiste gesteckt zu werden. Mir erscheint die Haltung, als Berater neutral zu sein, passender. Gleiches gilt für meine Glaubensrichtung. Ob ich hier offener sein sollte, frage ich mich durchaus. Wie machen Sie es?

Herr zu Guttenberg oder Heidi Klum? Promis

Wer sich als persönlicher Freund eines Promi zu erkennen gibt, wird mit diesem in eine Schublade gesteckt. Solange es sich um einen Fußballer handelt, der allein durch sportliche Leistungen glänzt, kein Problem. Wer jedoch Dieter Bohlen als besten Kumpel oder Sarah Wagenknecht als gute Freundin nennt, hat sein Stigma weg.

Deshalb bin ich offiziell und öffentlich nur mit unumstrittenen Personen bekannt. Private Freundschaften veröffentliche ich ohnehin nicht.

Homo oder Hetero? Sexuelle Orientierung

Würden Sie Ihre sexuelle Orientierung preisgeben, wenn sie nicht dem Mainstream entspräche? Hauptstadt-Journalisten wussten schon lange, dass Herr Westerwelle mit einem Mann intim war. Darüber zu schreiben, war tabu. Erst die tageszeitung outete den FDP-Mann, was einige Wallung gab. Der CDU-Minister Altmaier spricht gerne über seinen umfangreichen Körper, nicht jedoch über seinen Hormonhaushalt. Das eine ist persönlich (und ohnehin nicht zu verbergen), damit sammelt er Pluspunkte, das andere bleibt privat.

Die meisten Menschen entscheiden sich dafür, ihre sexuelle Orientierung, ebenso wie ihre körperlichen und psychischen Gebrechen für sich zu behalten. Ich selbst bin verheiratet und habe zwei Kinder, das sage ich öffentlich. Was ich allerdings als Schwuler oder Bisexueller tun würde, weiß ich nicht. Das genaue Alter und die Namen meiner Kinder verrate ich nicht. Ich persönlich schätze jeden Promi, der sein Privatleben genau so behandelt! Was meinen Sie dazu?

Offenherzig oder Zugeknöpft? Frauen und Männer

Insgesamt neige ich dazu, Meinungen und Überzeugungen zu eingegrenzten Fragen offen zu vertreten. Bei privaten Vorlieben und Gewohnheiten halte ich mich dagegen zurück. Komisch eigentlich, denn ich schätze es sehr, wenn andere offener sind. Kommt es mir nur so vor, oder sind Frauen hier deutlich unbefangener? Ich glaube sogar, es brächte mir geschäftliche Vorteile, wenn ich meine privaten Macken verstärkt zeigen würde. Und mache es trotzdem eher nicht. Typisch Mann? Mir scheint es so, als würden Frauen hier weniger denken, als das Richtige tun.

Fragen für die Blogparade

Teilen Sie meine Annahme, dass der Mut, sich als Mensch zu zeigen, Kunden bringt? Insbesondere das Eingeständnis menschlicher Schwächen ist geeignet (Kunden-) Beziehungen zu knüpfen – ähnlich nah heran bringt uns das Wissen über Gewohnheiten und Musikgeschmack. Oder?

Oftmals wird gesagt, dass viele (junge) Menschen sich in den sozialen Netzwerken haltlos entblößen. Machen das nur arme Verirrte oder gehören auch einige professionelle Berater, Trainer, Coachs in diese Kategorie? Haben Sie selbst schon Postings bereut? Glauben Sie, dass das Umfeld der sozialen Netzwerke zu einer Art Sucht nach Öffentlichkeit führen kann? Welche Grenzen zwischen privat und persönlich können Sie empfehlen?

Sollte man Charakter zeigen und zu seinen Überzeugungen stehen oder sich “professionell” zurück halten? Kann eine klare Positionierung in eher politischen Fragen ebenso Kunden anziehen, wie es menschliche Schwächen zuweilen tun?

Mitmachen!

Wenn Sie bei der Blogparade mitmachen möchten, setzen Sie den Link zu Ihrem Beitrag bitte in die Kommentare zu diesem Post. Und verlinken Sie von Ihrem Post auf diese Seite mit Nennung meines Namens. Diese Blogparade läuft bis zum 25. November 2013. Hashtag bei Twitter ist #Charakterzeigen.

18 Kommentare

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