Zeigen Hochbegabte Charakter?

Die Erlebniswelt von Hochbegabten ist mir sehr vertraut, wie Sie hier nachlesen können. Das Thema “Hochbegabung” macht in den letzten Jahren Furore. Gleichzeitig fordert etwa der aktuelle Bestseller  “Keine Macht den Doofen” zum Handeln auf. Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Zeigen Hochbegabte Charakter?

Mensa – Bewegung der Hochbegabten?

Durch das Interview mit Corinna Kegel im Abendblatt zur Hochbegabung angeregt, habe ich nachgelesen, was der deutsche Verein der Hochbegabten (MinD = Mensa in Deutschland) so macht. Schon früher bin ich auf “die Mensaner” gestoßen – und war irritiert. Wer nachweislich über einen IQ von 130 oder höher verfügt, darf Mitglied werden. Und dann? Was bewegen die Hochbegabten?

Spiele und Diskussionen

Das Ziel von Mensa ist, Hochbegabte zu vernetzen. Und was machen die vernetzten Hochbegabten? Sie treffen sich z.B. zu Spieleabenden und Diskussionsstammtischen. Das tut ihnen gut, unter ihresgleichen zu sein (nachvollziehbar). Der deutsche MinD verleiht auch einen Preis, beispielsweise an die Sendung mit der Maus und Dieter Nuhr. Okay, ich finde die Preisträger auch in Ordnung, aber doch etwas niedlich. Vom Club der Klugen würde ich mir so etwas wie Weltrettung als Projekt erhoffen. Aber dergleichen verbieten sie sich selbst per Satzung, sie wollen weltanschaulich neutral sein. Das tendiert ins Unlogische, falls die Welt zugrunde geht. Hauptsache “wir sind neutral geblieben”? Bei einer Zeitung finde ich gut, wenn sie neutral bleibt. Dennoch erhoffe ich mir deutliche Kommentare unabhängig denkender Journalisten. Wieso können sich die Mensaner nicht zumindest auf den Erhalt der Welt oder den Schutz der Menschenrechte einigen?

Einwurf eines Bestsellers

Der bekannte Religionskritiker Michael Schmidt-Salomon fordert in seinem neuen Buch “Keine Macht den Doofen” zum klugen Handeln in Religion, Politik und Wirtschaft auf. Hat MSS also das, was den Mensianern fehlt? Naja. Er wirft Intelligenz und Moral in einen Topf, was ich schwierig finde. Außerdem fehlt seiner Streitschrift das, was ich an Mensa grundsätzlich sympathisch finde: Die Anteilnahme. MSS schreibt immer “wir” sind dumm. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Autor sich selbst ausnimmt. Diese Haltung machte mir das Lesen – trotzdem ich das Buch vorher kaum erwarten konnte – irgendwann unerträglich. Denn sie zieht sich durch jeden Abschnitt. Komisch, dass das kaum andere Leser stört. Halten wir aber fest: Dummheit / Klugheit und Moral müssen sich nicht ausschließen.

Zurück: Kritik an Mensa

Ebenso wie MSS LeserInnen sich überwiegend nicht an der Überheblichkeit der Erzählperspektive stören, sondern gerne zu den Schlauen dazu stellen, fehlt mir kritische Distanz der Öffentlichkeit zu Mensa. Die hier vorgetragene Kritik an den auf weltanschauliche Neutralität selbstbeschränkten Mensianern steht nirgendwo sonst. Jedenfalls finde ich (bei zeitbeschränkter Suche) nichts dazu. Das erinnert mich an einen Fragebogen, den wir früher im Seminar zu Beginn zwecks Kennenlernen einsetzten. Eine der Fragen war, ob man gerne zur Schule gegangen ist. Regelmäßig trug ich vor, dass das auf mich nicht zutraf. Alle meinten, das müsse an schlechten Noten gelegen haben. Muss es nicht! Ich fühlte mich unwohl, weil ich die Lehrmeinung hinterfragen wollte – aber das durchaus nicht vorgesehen war. Das war es, was mich an der Schule quälte (nach dem Abi fraß ich mich zum Ausgleich erstmal durch Bücherberge).

Gebanntes Publikum

Während MSS’ LeserInnen sich gerne auf die Seite der Schlauen schlagen, bleibt ihnen das in Bezug auf Mensa in der Regel verwehrt.  Im Umgang mit den Hochbegabten scheinen alle gelähmt und gleichzeitig fasziniert. Statt auf den naheliegenden Gedanken zu kommen, dass die Hochbegabten sich um die Zukunft der Zivilisation sorgen sollten, herrschen bange Fragen in eigener Sache vor: “Wie ist das, hochbegabt zu sein?” oder “Gehöre ich selbst dazu und wenn nein, was dann?” “Bin ich dann weniger Wert oder muss mich unterordnen?” “Oder ziehe ich mich vielleicht besser darauf zurück, über ‘die hochbegabten Spinner’ abzulästern?”

Vorschlag: Dummheit und Intelligenz trennen

Für meine Begriffe gibt es nur die Lösung, Intelligenz als das zu sehen, was sie ist: Intelligenz. Gemessen per IQ-Test. Schlausein und Klugheit ist etwas anderes. Zum Beispiel kann ein hochintelligenter Mensch sich mit 2000 Giftstoffen pro Lungenzug, wofür er auch noch viel Geld ausgeben muss, selbst schaden. Dumm – würde ich sagen (und ich habe auch schon geraucht). Unser Planet und andere brauchen in diesem Sinne schlaues und werteorientiertes Handeln. Weltanschaulich neutrales Verhalten reicht nicht, auch wenn es noch so intelligent sein mag.

Charakter zeigen! Alle!

Wir sollten keinen Mythos um die pure Intelligenz aufbauen – sie ist als solche nutzlos. Man kann sich auch Superschurken als hochintelligent vorstellen.

Huldigen sollten wir denen, die aktiv für das würdige Leben von Menschen, Tieren und Pflanzen eintreten. Egal, wie begabt sie sind. Zeigen Sie Charakter!

Von den Mensianern wünsche ich mir, bald ein anderes Bild zu bekommen, als das von einem Selbsthilfeverein mit dem Beigeschmack von Intelligenzkult. Und unter uns 98%-igen Normalbegabten gesagt: Stellen wir das pure Anbeten der Intelligenz ein! Trauen wir uns selbst humane Taten zu! Und fordern wir die anderen 2% auf, mitzumachen!

Ähnlich: Erfolg ist Ansichtssache
Hochbegabung mit Ecken und Kanten

 

Ein Kommentar

  • Guten Tag Herr Burger
    Schade, das Sie diesen Faden nicht weiter gespinnt haben. Sie waren ganz nahe am Kern und sind dann doch wieder abgebogen.
    Aussage: Hoch IQ muss Weltrettungsambitionen besitzen und sich damit 24/7 auseinandersetzen + Stehen HochIQ evolutionär über dem NormIQ?
    vs.
    Als geouteter HochIQ denkt man nur intelligent, darf beim Anblick eines Smileys nicht mehr lächlen + NormIQs sind im Umgang mit HochIQs zögerlich, ja misstrauisch beginnen nach kurzer Zeit sich mit den HochIQs zu messen und lassen nicht nach, bis sie gewonnen haben.

    Dort eine grundlegende Diskrepanz, Ein HochIQ zweifelt mehr als ein NormIQ, vorrangig an sich selbst und scheitert öfter als ein NormIQ, ebenfalls an sich selbst. Und das durch seinen gesamten Lebensweg, beginnend in der Kindheit.
    Fazit: Ein HochIQ ist niemals intelligent genug, er lernt nur schneller, auch das Scheitern, ansonsten sind wir Menschen, ohne Ausnahme immer noch Idioten, denn das ist unsere Natur. Ab und zu kommt ein MSS und weist uns eloquent darauf hin, wobei er nicht auslässt, sich seinerzeit einzureihen, vermutlich ohne es zu merken. So schreibt man Bestseller!

    Lieben Grusz
    Kikus156

    Antworten

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